Du streunst jede Woche durch die Plattenläden der City auf der Suche nach musikalischen Schätzen, die dich durch den Tag bringen. Dann Ohren gespitzt. Hier kommen unsere Zuckerbeat-Tipps. Kleine Schätze, große Namen. Verrücktes. Durchgeknalltes. Zauberhaftes. Sommerliches. Winterliches. Chöre, Fanfaren, Minimalistische Klangteppiche. Stilgrenzen gibt’s hier nicht. Nur einen Haufen interessanter Musik, die darauf wartet, entdeckt zu werden. Genossen zu werden. Geliebt zu werden. Alles. Nur verschwinden soll sie nicht. In irgendwelchen Zwischenräumen der Festplatten. Oder vielleicht doch? Hören wir doch einfach mal rein. Ausgangspunkt ist die neue Scheibe von The Most Serene Republic(7,0/10) called „Population“. Ein herrlich überdrehtes Album voll mit Chören, Melodien und einem nicht enden wollenden Sammelsurium an Instrumenten. Die Band aus Milton, Ontario hat den Truthahn ordentlich gestopft, der da genüsslich im Ofen vor sich hin brutzelt. Heraus kommt ein Album, das klingt, als würden drei verschiedene Platten übereinander laufen. Erst fühlt man sich erschlagen. Dann fängt man an zu graben. Und puddelt schließlich mit den Maulwürfen um die Wette, um als erster an die poppige Oberfläche dieser Musik zu gelangen. Oben angekommen erwarten einen dann The World/Inferno Friendship Society (7,3/10) mit einem bunten Strauß Punk-Bläser-Pop-Melodien. Ringelrei-Dancing für Fortgeschrittene also, der selbst vor Gitarrensolos nicht Halt macht. „Red-Eyed Soul“ ist so herrlich, dass sich Flogging Molly, Mad Caddies und The Format-Verrückte freudig im Arm liegen dürften. Danach wird dann aber erstmal entspannt Schuhplattler getanzt. Die Neigungsgruppe Sex, Gewalt & gute Laune (5,8/10) lässt nämlich kein Fettnäpfchen aus. Versammelt sie auf „Goodbye Vienna“ doch neben schlimmsten volksmusikalischen Schmankerln auch zahlreiche augenzwinkernde Coversongs von Nine Inch Nails („Verletzt“) und den Babyshambles („G´fickt für immer“). Vor allem letzterer gehört für mich jetzt schon zu den Hymnen des Jahres. Ich meine… Gebt euch das (ich versuchs mal im Originalton: „Und deeeesholb leckt mich doch am oaaaaarsch, her mit am Bier. War niemals bessaaaa, bessa als hia. G´fickt für immaaaaaa. es is ma egal… G´fickt für immaaaaaa, is so egal, egal, egaaaaaal…“. Bei so was kann man dann auch über die zwischenzeitlichen Schwächenperioden der Scheibe hinwegsehen. Ist einfach zu geil… Wenn Neuser (2,4/10) da doch nur halb so viel Charme hätten. Wobei. Wartet mal. War das erste Album da nicht eine der schlimmsten Verbrechen an der deutschsprachigen Musik seit Silbermond? Dagegen ist „Selbstauslöser“ nicht ganz so schlecht wie erwartet. Anscheinend haben die Jungs nämlich den Schalter in Richtung „Madsen“-Mitsingrock umgelegt. Und das funktioniert. Zwar nicht ganz so geil, wie das neue Madsen-Brett „Nachtbaden“. Aber man kann dazu schon mal freudig mit dem Fußwippen anfangen oder kopfüber ins Schwimmbecken stolpern. Der Opener „Ohne uns“ kommt sogar mit seinem „Alles scheiße ohne dich“-Refrain durch, weil er auf die Sportfreunde-Melodienkelle setzt. Was danach kommt ist zwar eher belanglos, aber das kann man den Sportfreunden ja auch vorwerfen. Deswegen: Im Gegensatz zum Debüt definitiv eine Steigerung. Aber trotzdem immer noch ganz unten. Wenn auch etwas weiter oben von der „ganz unten“-Sparte. Besser wird es dann mit den Jungspunden von Eight Legs (5,4/10). Die rocken gleich mal los, als wollten sie The Clash sein. Klingt deswegen auch erst einmal ziemlich aufgesetzt. In der Folgezeit entpuppt sich das Debütalbum „Searching For The Simple Life“ dann aber zumindest als zwischenzeitliche Hitschleuder. „Vicious“ geht klar, wenn man auf die Kooks abfährt und „Freaking Out The Neighbours“ verleiht der poppigen Attitüde von Maximo Park eine Rotznase. Ansonsten werden auch „Pass The Bucket“ und „Tell Me What Went Wrong“ bald die Tanzflächen der Indieschuppen erobern. Alles in allem ist die Scheibe aber trotzdem nicht spannend genug, um nachhaltig zu beeindrucken. Clark (6,4/10) zielen da mit ihrem walzenden Industrial-/Elektrobrett schon eine spur tiefer in Richtung Gehirnwindungen. „Turning Dragon“ klingt teilweise sogar so, als wollte man den Gegenwartssound „Dubstep“ mit der Keule verkloppen. Die vielen Breaks sorgen dafür, dass die Sache über die volle Länge nicht langweilig wird. Und wenn ihr nervige Nachbarn habt, könnt ihr sie mit dieser Mucke dazu bringen, sich die letzten Härchen vom Kopf zu rupfen. Für alle, denen bei vertrackten Sounds der Marke „Akufen“ das Wasser im Munde zusammen läuft, geht diese Scheibe mehr als klar. Alle anderen werden spätestens nach fünf Minuten den Raum verlassen . Weniger polarisierend wirkt da die Neue von Sascha Funke (7,5/10). Die technoiden Klangteppiche auf „Mango“ erzeugen eine warme Chillout-Atmosphäre. Man träumt sich an einen sonnendurchfluteten Sandstrand und genießt die Aussicht auf das rauschende Meer. Irgendwo am Rande des Strands landet man schließlich mitten in der Nacht auf einer Strandparty und lässt sich von den flackernden Lichtern und den sanft-verträumten Klängen in die Morgenstunden geleiten. Schlicht bezaubernd. Und ich sag tschö bis zum nächsten Zuckerbeat. Mit noch mehr schicker Musik zum Entdecken. // von alexander nickel-hopfengart
// zuckerbeat volume 1
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