Bonaparte definieren auf „My Horse Likes You“ mal wieder aufs Neue, wie man Wahnsinn in Richtung Pop transformiert. Die Pferde sind gesattelt. Die „Ouverture“ durchgedudelt, die Regler auf Anschlag. Dann kanns ja losgehen. Und macht ja auch immer noch Spaß den Propheten des Chaos-Pop dabei zuzusehen, wie sie ein Affentheater der Sonderklasse starten.
Musikalisch kann man diesen Zirkus hier zwar durchaus zum Kotzen finden, machen ja auch viele bei Deichkind, aber live da knallt dieses atemlose Elektro-Geballer wie Sylvesterrakete auf Querschläger-Modus und macht ordentlich Feuer unterm Arsch. Zeit, Bonaparte-Fan zu werden. Ein echter Spalter von Album. Und wir feiern das Extrem.
Das neuste Schnuckerl im Indie-Pop-Süßwarenladen hört derweil auf den Namen Fertig Los! und macht sich mit poppigen Melodien auf, die Charts zu erobern. Der Opener „Ein neuer Gott“ ist eine sanfte Abrechnung mit der digitalisierten Gesellschaft und mit „Komm schon“ und „Die Anderen“ sind beziehungstechnisch die passende Argumente am Start, um am Abend eine intensive Knutsch-Orgie zu starten. Wie bei den Sportfreunden bewegen sich die Texte auf „Pläne für die Zukunft“ zwar nahe der Peinlichkeitsgrenze, man schließt Fertig Los! aber trotzdem ins Herz, weil die Refrains so schön auf den Zuckerwatte-Pop-Hügel zusteuern, dass ihnen auf den diesjährigen Sommerfestivals reihenweise die Grinsekatzen-Gesichter zufallen werden.
Alle Fans von Franz Ferdinand sollten sich derweil das neue Album der Futureheads rein ziehen. Der hyperaktive Chorgesang aus explosiven Anfangstagen hat ja bereits auf dem letzten Album einem großspurigen Hit-Appeal Platz gemacht. Nun bündelt die Crew ihre Stärken, führt einen mit dem vertrackten Opener „The Chaos“ erst an der Nase herum, bevor dann ein astreines Hit-Feuerwerk abgefeuert wird. Die beiden Singles „Struck Dumb“ und Heartbeat Song“ sollten für viele glückliche Gesichter auf der Tanzfläche sorgen. „Stop The Noise“ und „The Connector“ strapazieren mit ihrem explosiven Geballer die Nackenmuskeln. Der immer präsente Chorgesang sorgt dafür, dass alles auf den großen Moment zusteuert. Da bleibt mittendrin sogar noch Platz für eine astreine Kaiser Chiefs-Hymne der Marke „I Can Do That“, bevor das abschließende „Jupiter“ nochmal alles durch dekliniert, was wir an den frühen Maximo Park einst so klasse fanden.
Warum derweil so viele auf The Drums einschlagen, wenn es darum geht, den nächsten großen Hype in Grund und Boden zu rammen, mag verstehen wer will. Ich jedenfalls finde den Joy Division-Subtext, der in ihrer Musik mitschwingt, ganz vorzüglich, führt er doch den lebensfrohen Text, zum Beispiel der Vorab-Single „Let´s Go Surfing“, gekonnt ad absurdum. Die restlichen Songs dieses Debütalbums laufen noch eine Spur poppiger rein, als das Zeugs, dass man schon von der Debüt-EP kannte und so reibt man sich verwundert die Augen, wie hier nahezu im Minutentakt Hits vom Format „Me And The Moon“, „Best Friend“ und „Forever And Ever Amen“ fabriziert werden, von denen man meint, sie bereits seit einer gefühlten Ewigkeit zu kennen.
Die Vokalisten von Bauchklang sollten derweil auch hierzulande endlich den Erfolg einfahren, der ihnen gebührt. Die Jungs aus Österreich betreiben seit vielen Jahren „Human Beatboxing“ und perfektionieren ihren Stil auf dem dritten Album „Signs“. Alles auf dem Album befindet sich im Fluss und die Features von Ursula Rucker, Rouda und Tez sorgen für die nötige Abwechslung, damit die Scheibe nicht im Nirvana des Chill-Out-Kosmos verendet. Nein, die zehn Songs hier strahlen eine Unmittelbarkeit aus, die für Überfluss keinen Platz lässt. Bauchklang wollen ihre Hörer mitnehmen, in die Karre laden und gemeinsam mit ihm um die Welt tuckern. Dementsprechend gehen die Stücke diesmal auch mehr nach vorne, als zuvor. Bauchklang sind mit diesem Album endgültig im Club angekommen. Getreu dem Motto: „We Got To Move“ – also komm schon, beweg dich.
Unser Lieblings-Seelen-Durchkneter Trentemöller macht derweil genau dort weiter, wo er auf dem Vorgänger aufgehört hat. Dicke Wolkenberge verbannen den letzten Sonnenblitz von der Erde und sorgen dafür, dass sich karge industrielle Areas vor dem geistigen Auge breit machen. Die Mucke klingt, als wollte sie uns eine Matrix-Welt vor den Latz knallen, durch die wir dann verwundert stapfen, als wären wir gerade aus dem Koma erwacht und in irgendeinem Endzeit-Streifen auf der Suche nach einem fetzen Normalität. Man verfällt den fließenden Sounds des Elektronikers schon nach wenigen Sekunden und lässt sich treiben von der Musik, freut sich über den betörenden, weiblichen Gesang in der ersten Single „Sycamore Feeling“ und stellt am Ende fest, dass es eigentlich gar nicht so schlimm ist, dass der Musiker auf „Into The Great Wide Yonder“ auf höchstem Niveau stagniert.
Wer derweil den Sound der Hellacopters vermisst, der kann sich in diesen Tagen das neue Album von Rock-Propeller Nicke Andersson nach Hause holen, der unter seinem Pseudonym Imperial State Electric genau dort weitermacht, wo Alice Cooper einst aufhörte. „A Holiday From A Vacation“ gibt mit in die Luft gereckter Gitarre die Richtung vor, die dann auf Albumlänge mit allerhand Anspielungen auf Van Halen und Konsorten vermischt wird, so dass man am Ende entweder mit Luftgitarre im Anschlag Zu Boden fällt oder sich fragt, ob dieser Sound nicht schon vor 20 Jahren zu Grabe getragen gehörte. Wer auf Schweinerock im Grenzgebiet Formatradio steht, sollte sich das Teil hier unbedingt zulegen.
Wer die ganze Geschichte derweil etwas entspannter angehen möchte, kann sich an den neuen Wohlfühl-Hymnen aus dem Hause „Cafe Del Mar“ abarbeiten. Auf „Volumen Dieciséis“, kurz Numero „XVI“, das heißt Nummer 16, befinden sich mal wieder 32 Schunkler vor dem Herrn von Soulchillaz bis Aware und Elmara bis Gary B. Auch wenn der Neueinsteiger die meisten Acts nicht kennt, kann er sich ganz hervorragend von den Piano-Melodien und Säuselstimmen eine Portion musikalische Zuckerwatte ums Maul schmieren lassen. Einfach zurücklehnen, Augen schließen und entspannen. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?