Circa Survive sind schon seit geraumer Zeit drauf und dran, den Jungs von Coheed & Cambria den Titel als heißester Rock-Act mit Emo-Einschlag abzuluchsen. Ihr neues Album „Blues Sky Noise“ klingt derweil, als wollten sie Tool Konkurrenz machen. Im Gegensatz zum Vorgänger schälen sich nach einigen Durchläufen allerdings auch ein paar echte Hits heraus, die unabhängig vom Albumformat funktionieren. Der Opener „Strange Terrain“ zum Beispiel schickt einen sofort auf die Tanzfläche und „Imaginary Enemy“ oder „Glass Arrows“ stehen dem fesselnden Stück in nichts nach. Ansonsten entfaltet die Scheibe erst nach zahlreichen Durchläufen ihre Größe. Wie schon beim Vorgänger muss allerdings nicht viel Überzeugungsarbeit beim Hörer geleistet werden, dieses Teil hier noch mal in die Anlage zu stecken. Vielmehr wandert der Zeigefinger von ganz allein in Richtung „Repeat“-Taste. Circa Survive sind eine Band, die süchtig macht. Wenn Gitarren und Gesangsstimme einen Looping nach dem anderen drehen, werden am Ende sogar schöne Erinnerungen an The Mars Volta wach. Alles in allem ein fulminantes Rockalbum, dass sich meilenweit vom üblichen Emo-Konsens abhebt. Am 9.9. spielt die Band live in Wiesbaden im Schlachthof. Unbedingt hingehen.
Tired Pony nennt sich derweil ein Projekt von so illustren Musikern wie Gary Lightbody von Snow Patrol, Peter Buck aus dem Hause R.E.M. und Belle & Sebastians Richard Colburn. Das Album „The Place We Ran From“ klingt dann auch genauso, wie man sich eine Zusammenarbeit dieser melancholie-versessenen Jungs vorstellt. Mit freundlicher Unterstützung von illustren Kollegen aus dem Hause Editors, She & Him und Jacknife Lee knallen sie einem ihre Vorstellung von Stadio-Rock-Romantik vor den Latz, dass man sofort ins Sabbern gerät. Jeder vor Liebeskummer vor sich hinraffende Zeitgenosse sollte diese Musik weitest möglich umschiffen, wenn er nicht in einem Meer voller Tränen ertrinken möchten. Da helfen auch einzelne Midtempo-Lichtblicke, wie „Dead American Writers“ nichts mehr, wenn kurz darauf Sätze wie „I´ve Been Terrified Since You Walked Out The Door“ an die Gehörgänge dringen.
Auf dem Melt! Festival trifft sich derweil mal wieder das Who Is Who der angesagten Indie- und Elektro-Acts. Passend dazu gibt’s auch in diesem Jahr wieder den Rundumschlag fürs heimische Wohnzimmer, zu dem man vor dem Spiegel schon mal die Tanzschritte für das Festival einüben darf. Die „Melt! Compilation Vol. 6“ hat einerseits eine ganze Reihe exklusiver Tracks von WhoMadeWho bis Health am Start, aber auch viele Gassenhauer aus den einschlägigen Trend-Blogs versammelt. Am Ende treffen dann Frittenbude auf Tocotronic. Two Door Cinema Club auf The XX. Yeasayer auf die Foals. The Futureheads auf die Shout Out Louds und Jamie T. auf Darwin Deez. Soll heißen: da ist wirklich für jeden was dabei. Weil noch dazu kaum Ausfälle drauf sind, ist diese Zusammenstellung jetzt schon heißester Anwärter auf den Titel „Sommersampler des Jahres 2010“.
Plan B hat sich derweil in der Vergangenheit als Rap-Rüpel einen Namen gemacht. Nun kehrt er sein innerstes nach außen und knallt seinen Hörern ein mutiges Soul-Rap-Album vor den Latz, das Gnarls Barkley und Konsorten auf der Stelle neidisch machen dürfte. „The Defamation Of Strickland Banks“ versteht sich ausdrücklich als Konzeptalbum und lullt einen ein mit zahlreichen Soul-Pop Krachern, wie dem Opener „Love Goes Down“ oder dem melancholischen „What You´re Gonna Do“. Dazwischen gibt’s zahlreiche Gassenhauer im Sinne Marvin Gayes, die einen so zärtlich anschmusen, dass nur noch vereinzelt (z.B. beim Song „Stay Too Long“) durchschimmert, dass man es hier mit einem Rapper zu tun hat, der noch vor Kurzem mit Obszönitäten nur so um sich warf. Ein passendes Rap-Gegenstück seines Albums hat der Musiker übrigens schon eingespielt. Trotzdem dürfte es Plan B sehr schwer fallen, sich von dieser Art von Sound zu emanzipieren. Das Soul-Korsett passt ihm einfach zu gut. Wer den Soul-Sänger live erleben möchte, am 22.11. gibt er ein Gastspiel in München (Freiheiz). Der Ausflug dürfte sich lohnen.
All Time Low haben es inzwischen geschafft sich im heiß umkämpften amerikanischen Pop-Punk-Markt zu etablieren und hauen uns in diesem Jahr einen Rundumschlag in Sachen zeitgenössischem Party-Punk um die Ohren. „Straight To DVD“ kommt dabei gleich in doppelter Ausführung um die Ecke und sorgt sowohl auf CD als auch im heimischen DVD-Player für gute Laune. Sind ja auch wahrlich mitreißende Smash-Hits drauf, wie „Lost In Stereo“ und „Weightless“, die jedem Gob- und Allister-Anhänger die Freudentränen ins Gesicht treiben. Mit Pippi in den Augen zieht man sich dann die beiliegende DVD rein, auf der sich eine schicke Dokumentation und die komplette Live-Show des hier vorliegenden Live-Sets vom 4. Dezember 2009 in New York City befindet. Ein Rundum-Glücklich-Paket für alle, die am Liebsten sofort in Richtung Strandpromenade aufbrechen möchten.
Die Rhythms Del Mundo machen sich derweil auf das „Revival“ großer Smash-Hits von Bob Dylan bis Nirvana einzuläuten. Soll heißen: „I Fought The Law“ und „Smells Like Teen Spirit“ darf man nun auch mit kubanischen Rhythmen unterlegt genießen. Intoniert werden die Hitsingles von illustren Kollegen wie Green Day, den Gorillaz, Franz Ferdinand und Bob Dylan. Dazu noch ein paar Chart-Monster der Marke Coldplay und K T Tunstall angekarrt und dem durchschlagenden Erfolg in den Charts dürfte nichts mehr im Weg stehen. Alles in allem die passende Vollbedienung für die nächste Studentenparty, wenn der heimische DJ die neugierigen Blicke seiner studentischen Kollegen mal wieder auf sich lenken möchte. „Was ist denn das für eine coole Version?“ Alles in allem: der perfekte Soundtrack, um sich im Antlitz der Sommersonne in den örtlichen Baggersee zu hechten.
PVT (alias Pivot) garnieren derweil brachiale Gitarren mit einer bass-lastigen Elektro-Soße. Schon nach wenigen Sekunden scheint sich im heimischen Wohnzimmer ein Wirbelsturm zu entfalten, der einem die Inneneinrichtung um die Ohren haut. Man kann PVT wirklich nicht vorwerfen, dass sie keinen Mut zum Experimentieren an den Tag legen würden. „Church With No Magic“ strotz nur so vor Feedback-Schleifen und durch den Mixer gejagte Elektro-Sprengsel, dass man vor lauter Chaos vergisst, ob man jetzt Luftgitarre oder Ganzkörper-Wirbelwind spielen wollte. Mancher Song könnte aufgrund seiner imposanten Beats durchaus vom letzten Album der Kills stammen. Der gleichnamige Titeltrack zum Beispiel ist einer der schönsten Tanzflächenknaller, den !!! nie geschrieben haben.
Wer sich derweil schon immer mal zu Gemüte führen wollte, wie man eigentlich das Handwerk des Schreiberlehrlings erfolgreich erlernt, der solle sich Sol Steins schickes Machwerk „Über das Schreiben“ zu Gemüt führen. Der Lektor von so illustren Autoren wie Dylan Thomas & Elia Kazan vermittelt im handlichen Format, wie man ungelenke Sätze in ein schlüssiges Ganzes transformiert. Ob man sich nun an fiktionale oder nichtfiktionale Literatur heranwagt, der Autor nimmt den Leser mit kurzen, prägnanten Tipps beim Wort und führt ihm vor Augen, wie sich der Text-Salat zu einer wirklich gelungenen Komposition aufputschen lässt. Dekoriert wird das Ganze am Ende mit den zehn Geboten des Autors und da steht doch tatsächlich drin, man solle seine Gefühle nicht am Leser auslassen. Soll heißen: Rezensieren ist eh n Quatsch. Deswegen lassen wir das Ganze auch mal gut sein für heute. Und lesen uns beim nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?