mit neuer Musik von The Miserable Rich, The Mighty Mighty Bosstones, Chairlift, Kayo, B.E. der Micathlet & Arves, Die Coolen Säue, Speech Debelle & Black Cat Zoo.
// Fans von Beirut und Arcade Fire sollten sich in diesen Tagen mal an das bereits Ende des vergangenen Jahres erschiedene Album „Miss You In Days“ der Band The Miserable Rich heran wagen. Die Scheibe entführte einen mit ihren düsteren Melodien und kammermusikalischen Passagen in orchestrale Gefilde. Die gespenstische Stimmung vieler Songs kommt in diesem Zusammenhang nicht von ungefähr. „Miss You In The Days“ wurde nämlich in einem verspuckten Anwesen namens „Blinking Hall“ eingespielt, in welchem seit dem 16. Jahrhundert der Geist einer gewissen Anne Boleyn herum spucken soll. Die werte Dame war ihres Zeichens die Frau Heinrich des Achten, welche wegen Ehebruchs und Hochverrats ermordet wurde. Alles in allem ist „Miss You In The Days“ ein betörend schönes Indie-Pop-Album, das man sich am Besten auf dem Nachhauseweg von einer gespenstischen Kinovorstellung beim Schlendern durch nebelverhangene Seitengassen zu Gemüte führt. Und ein willkommener Trost für all jene, welche den letzten Auftritt der Gruppe im Würzburger Jugendkulturhaus Cairo verpasst haben.
// Nachdem es hierzulande zwischenzeitlich etwas ruhiger geworden ist um die altehrwürdigen Mighty Mighty Bosstones, hat sich das sympathische Ska-Punk-Kollektiv nun mit einem echten Paukenschlag zurück gemeldet. „The Magic Of Youth“ strahlt eine Aufbruchsstimmung aus, die man der Band gar nicht mehr zugetraut hätte. Mit „The Daylights“, „Disappearing“ und „Like A Shotgun“ werden gleich zu Beginn zwei potenzielle Hitsingles für das nächste Festivaltape verbraten und mit „They Will Need Music“ die Ska-Perle des Frühlings aus dem Ärmel geschüttelt. Wenn die Jungs so weiter machen, spielen sie bald in einer Liga mit den nimmermüden Kollegen von Madness. Nach dem lauen Vorgängeralbum, das vor zwei Jahren das Comeback der Band einläuten sollte, haben The Mighty Mighty Bosstones auf „The Magic Of Youth“ endlich wieder zu alter Stärke zurückgefunden. Die Kids werden es ihnen danken und diese Platte feiern, als wenn es kein Morgen mehr gäbe.
// Die Elektro-Popper von Chairlift haben sich nach ihrem Überfliger „Does You Inspire You“ aus dem Jahre 2008 vier Jahre lang Zeit gelassen, um einen Nachfolger einzuspielen. Die Mühe wiederum merkt man ihrem aktuellen Album „Something“ durchaus an. Die Scheibe eignet sich nahezu perfekt, um sich an einem sommerlichen Nachmittag in einen Zug zu pflanzen, Kopfhörer überzustülpen, das Fenster aufzureißen und sich zu diesem Sound den Fahrtwind ins Gesicht blasen zu lassen. Die schwelgerischen Momente strahlen eine Erhabenheit aus, wie sie zuletzt Sally Shapiro auf ihrem Debütalbum hinbekommen hat. Da verzeiht man dem Trio auch ein paar Abstecher in balladeske Gefilde. Zielt ja sowieso direkt auf die Gefühlsebene, dieser Schmachtfetzen von einem Album. Wer auf Breitwand-Elektro-Pop steht, sollte mal reinhören.
// Die Zeiten, in denen man mit aggressiven und provokativen Lyrics punkten konnte, scheinen gezählt. Deutscher HipHop steuert auf das nächste Level zu und der österreichische Reimkünstler Kayo (Ex-Member von „Markante Handlungen“) trägt mit seinem aktuellen Album „Des sogt eigentlich ois“ eine gehörige Portion dazu bei, dass die ganze Geschichte auch anno 2012 spannend bleibt. Fans von Texta und Blumentopf dürften sofort Gefallen an Tracks wie „Ois hiob so wüd“ finden, alle anderen sollten einfach mal die Seele baumeln lassen und sich vom entspannten Flow des Protagonisten um den Finger wickeln lassen. Durch die zahlreichen Mundart-Passagen könnten in diesem Zusammenhang auch Fans der Stieber Twins auf ihre Kosten kommen, darüber hinaus bieten sich dem Künstler auf diese Weise zahlreiche Möglichkeiten, ungeahnte „Reim-Kreationen“ zu entwerfen. Wer noch Spaß an Kleinigkeiten hat, kann sich mit diesem Album einen hübschen Schatz unter den Nagel reißen. Soll heißen: bei Kayo lohnt sich das Reinhören.
// Gut Ding will Weile haben: das wissen auch Rapper B.E. der Micathlet & dessen inzwischen leider verstorbener Produzent Arves. Fast zwei Jahre haben sie an den 16 Tracks ihres gemeinsamen Albums „Zeitlos“ gearbeitet und so kann man die nun erschienen Scheibe durchaus als Arves Vermächtnis bezeichnen. Die Platte strotzt nur so vor Emotionen, abseits gängiger Provokations-Schemata-Reime macht sich das Duo daran, den eigenen Gefühlshaushalt auf Silberling zu überführen. Damit man als Hörer dabei nicht dauerhaft in melancholischer Stimmung verharrt, werden die traurigen Songs immer wieder mit sarkastischen Tracks der Marke „Alles Schlampen außer Mum“ und „Diätsong 2“ gekontert. Soll heißen: eine runde Sache dieses Werk. Schade eigentlich, dass es in Zukunft keine weiteren Tracks von B.E. der Micathlet & Arves erscheinen werden.
// Dass DCS alias Die Coolen Säue nach all den Jahren tatsächlich nochmal ein Album veröffentlichen würden, damit hatten wohl die Wenigsten gerechnet. Umso bemerkenswerter ist es, dass es den HipHop-Urgesteinen doch tatsächlich gelingt, ihrem klassischen Stil eine Frischzellenkur zu verpassen, ohne dass es irgendwie aufgesetzt anmuten würde. Das liegt nicht mal unbedingt daran, dass Sido und Olli Banjo für zwei Gastbeiträge im Studio vorbei schauten, ihre Musik strahlt einfach einen betörenden Charme aus. Während Ahzumjot und Cro zusammen mit den werten Kollegen von Marsimoto, Casper und Prinz Pi gerade eine neue Ära in Sachen Rapmusik begründen, lehnen sich DCS einfach zurück und schütteln eine klassische Rap-Platte aus der Hüfte, die einfach nur kickt. Hier findet man keine überflüssigen Effekte, keine waghalsigen Experimente. Die Scheibe läuft einfach… und läuft… und läuft… und man könnte noch stundenlang zuhören und die Welt um sich herum vergessen. „Silber“ ist ganz großes Kino. Ein nahezu perfektes Comeback-Album.
// Vor gerade mal zwei Jahren hat die Rapperin Speech Debelle den „Mercury“ Preis für ihr Debütalbum eingeheimst. Nun erscheint der Nachfolger unter dem hintersinnigen Namen „Freedom Of Speech“ und sorgt über die volle Distanz für euphorische Stimmung auf dem Tanzboden. Der Pop-Appeal der Scheibe ist höher als noch auf dem Debüt und so dürften auch Fans von Theophilus London und Dizzee Rascal ihre helle Freude an der Platte haben. Überhaupt muss man lange zurückdenken, um sich an ein ähnliches Grime-Pop-Manifest wie das hier zu erinnern. Vom Sound her dürften auch Fans von Roots Manuva auf ihre Kosten kommen, ein Song wie „Live For The Message“ klingt letztlich nämlich wie eine gelungene Hommage an den begnadeten Reim-Poeten, weshalb sich selbiger auch zu einem Gastbeitrag auf dem Album hat hinreißen lassen. Alles in allem: ein äußerst vielseitiges und vor allem vielversprechendes Zweitwerk.
// Wer auf den Sound der Pipettes steht und das Ganze gerne mit einer gehörigen Portion Indie-Pop der Marke Luise Pop vor den Latz geknallt bekommt, der sollte sich mal das aktuelle Album von Black Cat Zoo reinziehen. „Mutuble Transformer Act“ treibt sich im Grenzgebiet von Swing und Big Beat herum und sorgt mit seinen poppigen Melodien für gute Stimmung beim Zuhörer. Weil die sechs Jungs um Sängerin Lisa Müller in diesem Zusammenhang immer wieder schräge Zwischentöne einstreuen, ist für zahlreiche Überraschungsmomente gesorgt und gleichzeitig gesichert, dass die Scheibe auch nach mehreren Durchläufen noch zündet. Womit wir auch schon wieder am Ende wären für heute. Also genießt die Musik. Wir lesen uns beim nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?