// zuckerbeat vol. (2)73 – wie dagobert duck, nur mit längeren haaren

mit neuer Musik von Oberhofer, The Offspring, Fiona Apple, der Compilation „Lieber ein Verlierer sein“, Fehlfarben, Taproot, Kommando Elefant und C-60. // In den vergangenen Jahren haben sich immer mehr Plattenfirmen dazu entschlossen, ihr breites Angebot an Musik zu moderaten Preisen auf Vinyl zu veröffentlichen. Das sieht nicht nur gut aus, das steigert auch den […]

mit neuer Musik von Oberhofer, The Offspring, Fiona Apple, der Compilation „Lieber ein Verlierer sein“, Fehlfarben, Taproot, Kommando Elefant und C-60.

oberhofer// In den vergangenen Jahren haben sich immer mehr Plattenfirmen dazu entschlossen, ihr breites Angebot an Musik zu moderaten Preisen auf Vinyl zu veröffentlichen. Das sieht nicht nur gut aus, das steigert auch den Wert der Musik, weil man in diesem Zusammenhang noch wirklich etwas leisten muss, um in den Genuss der einzelnen Songs zu kommen. Noch schöner ist es, dass oftmals gleich die entsprechende CD in die Plattenhülle gepackt wird, wodurch dann wirklich keine Wünsche mehr offen bleiben. Im Fall Oberhofer ist das nun auch so. Die aktuelle Scheibe der Gruppe namens „Time Capsules II“ biegt im großformatigen Papp-Schuber um die Ecke, der die Collage auf dem Frontcover erst so richtig zur Geltung bringt (und sie – öffnet man die Innenseite des Albums, nochmal im neuen Licht erstrahlen lässt). Die Gruppe aus Brooklyn reist mit ihrer Zeitkapsel erst einmal in die 60er Jahre zurück und lässt sich von den Beach Boys ein paar schmissige Strandhymnen einflüstern. Weil das Oberhofer aber nicht genug ist, streuen sie auch noch ein paar zeitgenössische Indie-Pop-Klänge in ihre Songs mit ein. Das macht „Time Capsules II“ nicht nur zu einem wirklich liebenswerten, sondern auch äußerst nachhaltigen Werk. Die einzelnen Tracks brauchen nämlich allesamt mindestens drei Durchläufe, bis sie ihren vollen Charme entfalten, dann aber bekommt man sie tagelang nicht mehr aus dem Kopf. Oberhofer machen Musik für Menschen, die sich Gänseblümchen ins Haar stecken und dann Purzelbäume auf Blumenwiesen schlagen. Mit „Time Capsules II“ ist der Band ein durchweg berauschendes Album gelungen.

offspring// Nachdem wir uns in den vergangenen Jahren ein wenig entfremdet haben, scheint nun die Zeit gekommen, sich noch einmal mit den Kollegen von The Offspring zu beschäftigen. Das aktuelle Album der kalifornischen Punkrock-Fraktion liefert wieder jede Menge hittige Punkrock-Kracher und hat mit „Cruising California (Bumpin´ In My Trunk)“ sogar ein schmissiges Update zum Überflieger „Pretty Fly“ im Gepäck. „OC Guns“ steuert den Karren dann endgüldig in sommerpopppige Gefilde der Marke Sugar Ray, macht aber alles nichts, weil zum Ende hin wieder das Tempo angezogen wird. Die letzten beiden Tracks des Albums hätten zweifelsfrei auch auf dem Klassiker „Smash“ eine gute Figur abgegeben. The Offspring sprühen auch 18 Jahren nach „Self Esteem“ nur so vor Kreativität und veröffentlichen mit „Days Go By“ ihr bisher vielseitigstes Album. Ob sie damit nochmal an die kommerziellen Erfolge von früher andocken können, bleibt zwar erst abzuwarten. Aber die Band macht dennoch deutlich, dass mit ihr auch 2012 noch zu rechnen ist.

apple// Fiona Apple ist eine Künstlerin, die seit jeher sehr sparsam mit ihren Veröffentlichungen umgeht. Getreu dem altbekannten Motto „weniger ist mehr“ sind seit dem letzten Studioalbum der Musiker nicht nur sieben Jahre vergangen, ihr aktuelles Werk mit dem Endlostitel „The Idler Wheel Is Wiser Than the Driver of the Screw and Whipping Cords Will Serve You More Than Ropes Will Ever Do“ ist überhaupt erst das Vierte ihrer Karriere. Musikalisch bewegt sich Apple in diesem Zusammenhang nicht nur auf altbekannten Wegen, sondern scheut sich auch nicht, das eine oder andere Risiko in Kauf zu nehmen. Die Sprunghaftigkeit vieler Tracks gereicht der Musikerin in diesem Zusammenhang nicht unbedingt zum Nachteil. Vielmehr ist man gefesselt, wie variantenreich sie im Rahmen vieler Tracks auf einen zusprintet. Natürlich blinzelt einen die alte Miss Apple noch hin und wieder in den klassischen, düster-angehauchten Momenten zu. Darüber hinaus ist die aktuelle Scheibe aber eine einzige Achterbahnfahrt der Gefühle – was wiederum nicht sonderlich verwundern sollte – ist das Album doch über einen Zeitraum von nahezu fünf Jahren entstanden. Nun also steht es endlich im Regal. Und da möchten wir natürlich auch nicht verschweigen, dass neben der regulären Version auch eine wirklich illustre Deluxe-Fassung mit einer Bonus-DVD, 40-seitigem Booklet und persönlichen Fotos der Musikerin erschienen ist, die sich hervorragend ins Bücherregal einsortieren lässt. Bleibt am Ende eigentlich nur zu hoffen, dass es nicht wieder sieben Jahre lang dauert, bis der Nachfolger erscheint.

lieber-verliere// Wer derzeit gar nicht genug Kriegen kann von dem Spiel mit dem Ball, sollte seine Aufmerksamkeit mal auf eine gelungene Compilation namens „Lieber ein Verlierer sein“ richten. Im Gegensatz zu all den anderen EM-Mixtapes da draußen, sind auf den beiden Silberlingen nämlich wirklich ein paar tolle Songs drauf. „Fußball“ von den Aeronauten zum Beispiel, ein Song, den man all den „Tage wie diesen“-Chorknaben da draußen mal als gelungenes Beispiel einer Ballsport-Hymne vor den Latz knallen möchte. Da stört es auch nicht weiter, dass die Scheibe bereits vier Jahre auf dem Buckel hat. Die Songs von Texta, Kreisky und C-60 sind allesamt zeitlos und dürften in diesem Zusammenhang auch für Fußball-Verächter interessant sein. „Las Vegas Records“ beweisen mit dieser Compilation mal wieder ein gutes Händchen für schmissige Melodien, die sich fernab des nervtödenden Gedönses aus den Charts bewegen. Also Regler rauf und abgehen. Hier ist wirklich für jeden etwas dabei. Ob Sieger oder Verlierer. Scheißegal. Noch dazu soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass drei Viertel der Scheibe aus bisher unveröffentlichtem Material besteht. Na wenn das mal kein Grund zum Reinschnuppern ist. Am Besten einfach „laufen lassen“, das Teil.

fehlfarben// Wenn Jan Müller von Tocotronic sich die Mühe macht, einen Text zur einer Band zu verfassen, dann handelt es sich natürlich nicht um irgendeine Band. Müller hat sich auf Wunsch seines Freundes Casrten Friedrichs niemand Geringeren als den Fehlfarben gewidmet und ein paar interessante Sätze zu deren aktuellen Album „Xenophonie“ getextet. Selbige wiederum loben unter anderem die „Frische“ des Werks, was wir hiermit gerne bestätigen möchten. Daneben strahlt das aktuelle Album eine Dringleichkeit, die man den Jungs eigentlich gar nicht mehr zugetraut hätte. „Xenophonie“ ist ein weitestgehend schnörkelloses Werk. Beweisen müssen die Fehlfarben sowieso niemanden mehr etwas, also machen sie einfach das, was sie am Besten können: sie poltern hemmungslos drauf los. Erst beim letzten Stück hat man als Hörer mal Zeit zum Durchschnaufen. Bis dahin regnet es Slogans, die man sich liebend gern auf ein weißes T-Shirt drucken möchte, wenn das nicht schon wieder allzu altbacken anmuten würde. Den Fehlfarben gelingt es auch weiterhin relevante Musik zu schreiben – und das ist viel mehr, als andere (altgediente) Bands von sich behaupten können. Das Schönste aber: für Herbst sind bereits einige Live-Dates in Vorbereitung. Und wir sind gespannt, ob die Jungs auch auf der Bühne ein Feuerwerk zu zünden vermögen.

taproot// Taproot galten vor einigen Jahren als der heißeste Scheiß im Nu Metal-Geschäft. Inzwischen ist es um die Jungs hierzulande wieder ziemlich ruhig geworden, aktiv aber ist die Band immer noch. Ihr aktuelles Album erscheint nun beim renommierten Label „Victory Records“ und bewegt sich im Grenzgebiet von rockigen Passagen der Marke Linkin Park und der Melödisität von den Deftones. „The Episodes“ funktioniert in diesem Zusammenhang vor allem als Gesamtkunstwerk. Die zehn Songs sind perfekt aufeinander zugeschnitten und in den besten Momenten ruft die Platte sogar schöne Erinnerungen an die Kollegen von Tool hervor. Ob Taproot allerdings mit ihrem Nu Rock-Sound hierzulande noch etwas reißen werden? Ist eigentlich gar nicht so abwegig, der Gedanke. Limp Bizkit und Konsorten dürfen ja auch immer noch auf den großen Bühnen des Landes herumtollen.

kommando-elefant// Und irgendwie komisch ist es schon, dass Kommando Elefant hierzulande noch weitesgehend unbekannt sind. Mit ihren schmissigen Indie-Pop-Krachern füllen sie genau die Lücke, die seit dem Abgang von Virgina Jetzt! in der hiesigen Club-Landschaft klafft. Spätestens mit dem aktuellen Album „Scheitern als Show“ wird sich das nun hoffentlich schnellstmöglich ändern. Das passende Argument haben sie in Form der Single „Wir sprengen Krokodile“ bereits aus dem Ärmel geschüttelt und mit „… und unser Ziel ist in einigen Jahren in Millionen zu baden. Wie Dagobert Duck nur mit längeren Haaren“ auch schon auf Silberling transferiert. Soll heißen: Kommando Elefant sind ansteckend. Und Humor haben sie auch noch. Der Scheibe liegt nämlich ein Poster aus 100 % Elefantenscheiße bei. Da traut man sich kaum die Schatulle zu öffnen.

c60// Weiterrocken kann man dann hinterher gleich mit den Kollegen von C-60. Die erzählen uns zehn Geschichten zum Thema „Problemfaktor Mensch“ und bewegen sich dabei auf dem schmalen Grad zwischen Saalschutz und D.A.F. Diesen äußerst gewagten Drahtseilakt meistern die beiden Musiker in diesem Zusammenhang äußerst gekonnt. Mit „Gier“ haben sie sogar eine rotzige Post-Punk-Kapitalismus-Schelte im Gepäck. Der Song „Mitten im Geschwätz“ dürfte darüber hinaus jedem Musikfan ganz tief aus dem Herzen sprechen, der sich immer wieder von nimmermüden Labertaschen auf Konzerten gestört führt. Wer auf pop-konservierte Gessellschaftskritik steht, sollte unbedingt mal reinhören. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.