// strichcode vol. 40 – „ich bin dein herz“

mit den Bänden „Neon Genesis Evangelion“, „Adios Muchachos“, „Chew“, „White Line“, „Scarface“ und „Der geheime Garten vom Nakano Broadway“. // Heute möchten wir euch mal auf eine der besten Manga-Veröffentlichungen der vergangenen Jahre aufmerksam machen. Die Reihe „Neon Genesis Evangelion“ verzückt uns alljährlich mit einem neuen Band an gehobener Science Fiction-Unterhaltung. Inzwischen sind wir nicht […]

mit den Bänden „Neon Genesis Evangelion“, „Adios Muchachos“, „Chew“, „White Line“, „Scarface“ und „Der geheime Garten vom Nakano Broadway“.

neon-genesis-13// Heute möchten wir euch mal auf eine der besten Manga-Veröffentlichungen der vergangenen Jahre aufmerksam machen. Die Reihe „Neon Genesis Evangelion“ verzückt uns alljährlich mit einem neuen Band an gehobener Science Fiction-Unterhaltung. Inzwischen sind wir nicht nur beim 13. Teil angekommen, die Protagonisten haben auch schon einiges mitgemacht. Die Ausgangsposition der Geschichte ist Folgende: Eine Gruppe von Engeln greift die Menschheit an. Ihr gegenüber steht eine Organisation namens NERV, die sich daran macht, den drohenden Untergang der Menschheit noch zu verhindern. Dazu werden Kamproboter (sogenannte „Evangelions“ oder kurz „EVAs)“ konzipiert, die mit den geistigen Fähigkeiten einiger Jugendlicher gesteuert werden können.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht dabei aber nicht nur der Kampf zweier „Zivilisationen“, sondern auch die persönliche Tragödie der einzelnen Figuren. Vor allem das Verhältnis von Shinji Ikari zu seinem Vater (dem Leiter von NERV) ist äußerst kompliziert und wird von den Machern gekonnt in Szene gesetzt. Obwohl die Reihe ursprünglich auf einem gleichnamigen Anime basiert, bieten die Comic-Veröffentlichungen die Möglichkeit, die Psyche der Charaktere noch stärker herauszuarbeiten und somit die Persönlichkeit der Figuren intensiv zu schärfen. Im dreizehnten Band namens „Calling“ stehen die EVAs nun kurz vor ihrem Untergang. Das NERV-Hauptquartier soll vernichtet werden und die Piloten rüsten sich zum letzten Gefecht. Ob das Unvermeidliche noch aufzuhalten ist? Nach dem neusten Band von Yoshiyuki Sadamoto, Khara und Gainax bist du wieder ein kleines Stück schlauer. Noch dazu steigt jetzt schon die Vorfreude auf den 14. Band, der hoffentlich schon bald seinen Weg in hiesige Gefilde findet.

adios-muchachos// In der Erzählung „Adios Muchachos“ dreht sich derweil alles um eine junge und attraktive Kubanerin, die sich daran macht, andere Menschen um ihr hart verdientes Geld zu bringen. Dazu arrangiert sie exakt geplante Fahrrad-Unfälle, durch die sie reiche Typen dazu bringt, sie zu sich nach Hause zu fahren. Auch ein junger Manager namens Juanito fällt auf Alicias Trick herein, durchschaut aber im Gegensatz zu den Anderen schnell ihr illegales Vorgehen und macht ihr anschließend ein Angebot, das sie kaum ablehnen kann. Was folgt ist das volle Programm an Luxusgütern vom sexy Sportwagen bis zur prachtvollen Villa. Dem gegenüber stehen Lösegeldforderungen und Erpressungen. Ob das am Ende alles gut ausgeht? Und wer hier wen aufs Kreuz legt? Es lohnt sich mal reinzuschnuppern. Zeichner Paolo Bacilieri gelingt es mit seinen beiden Mitstreitern Matz (Szenische Bearbeitung) und Romain Trystam (Farben) den klassischen Roman „Die Fahradfahrerin“ aus der Feder von Autor Daniel Chavarría in eine formvollendete Graphic Novel zu überführen, welche vor allem die Atmosphäre in Havanna gekonnt einzufangen vermag. Man fühlt sich regelrecht berauscht von der Geschichte, die bis zum Ende spannend bleibt und in keiner guten Comic-Bibliothek fehlen sollte.

chew-5// Der Feinschmecker und Ermittler Toni Chu findet sich im fünften Band der Comic-Reihe „Chew“ ebenfalls in einer äußerst misslichen Lage wieder. Er wurde nicht nur von Unbekannten entführt und an einen geheimen Ort verfrachtet, die Verantwortlichen wollen auch noch das Geheimnis um seinen sagenumwobenen Gaumen lüften. Toni Chu ist nämlich kein gewöhnlicher Agent, ganz im Gegenteil: er ist ein sogenannter Cipobath, das heißt, er entwickelt immer dann hellseherische Fähigkeiten, wenn seine Zunge mit bestimmten Dingen in Berührung kommt. Die Entführer haben nun einen perfiden Plan ausgeheckt. Sie möchten den Protagonisten auf ihre ganz bestimmte Art füttern, um dadurch dessen hellseherischen Fähigkeiten für ihre persönlichen Ziele zu nutzen. Was die ganze Sache mit der Entführung von Tonys Tochter Olive zu tun hat? Am besten du schaust selbst mal rein. Die Geschichte von John Layman und Zeichner Rob Guillory strotzt auch im Rahmen des fünften Bandes nur so vor schrägen Typen und witzigen Einfällen. Ob Tony Chu die Tortur seiner Entführung am Ende weitestgehend unbeschadet übersteht… das… verraten wir natürlich noch nicht. Möchten aber anmerken, dass es sich bei „Erste Liga“ um einen wirklich appetitlichen Happen zeitgenössischer Comickunst handelt.

white-line// „White Line“ dreht sich in der Zwischenzeit um die seltsame Odyssee eines namenlosen Mannes. Nachdem er eines Nachts nach einem missratenen Disco-Besuch einer weißen Linie folgt, findet er sich plötzlich auf einem Frachter namens „White Line“ wieder, der von mysteriösen Gestalten bevölkert zu sein scheint. Was folgt steht dem Treiben in dem drogendurchdrungenen „Fear And Loathing In Las Vegas“ in keiner Weise nach: der unbekannte Protagonist lässt sich auf eine Romanze mit einer Katzenfrau an Bord ein, wird Zeuge einer blutigen Seeschlacht und landet schließlich auf einer einsamen Insel. Autor und Zeichner Calle Claus gelingt es dabei immer wieder, den Leser gekonnt an der Nase herumzuführen und fügt erst am Ende die einzelnen Puzzle-Teile dieses grafischen Rätsels kongenial zusammen. Da sich kaum Dialoge im Band befinden, liest sich das Werk unglaublich rasant und man möchte nach dem Schließen des Buchrückens einfach nicht wahr haben, dass dieser durchgeknallte Trip nach nur 140 Seiten schon wieder vorbei sein soll. Von uns aus hätte das das noch eine ganze Weile so weitergehen können. „White Line“ ist ein im wahrsten Sinne des Wortes berauschendes Werk.

scarface// Die Geschichte um „Scarface“ wiederum sollte den meisten Lesern bereits aufgrund der beiden famosen TV-Verfilmungen von Trails Original-Roman aus den 30er Jahren bekannt sein. Es lohnt sich aber dennoch in die gleichnamige Graphic Novel hinein zu schnuppern, weil sie die Ereignisse noch einmal in düsteren Motiven aufgreift. Die Geschichte selbst dreht sich um den italienischen Einwanderer Tony Guarino, der sich zum gefürchteten Organisations-Boss Tony Camonte mausert. Während er auf den Straßen seiner Stadt das Leben als Bürger genießt, mausert er sich im Untergrund zum gefürchteten Gangsterboss, der auch vor eiskalten Morden nicht zurückschreckt. Am wichtigsten aber ist dem Protagonisten seine Familie und die droht im Sturm der Ereignisse immer wieder unter die Räder zu kommen. Ob sich Tony aus diesem Schlammassel noch befreien kann? Christian De Metter gelingt es mit seiner Graphic Novel sehr gekonnt das Innenleben des Protagonisten auszuleuchten und die einzelnen Beweggründe für dessen Verhaltensweisen herauszuarbeiten. Die düsteren Motive erinnern nicht umsonst an die Stimmung in der Erzählung „Shutter Island“, für welche sich der Autor ebenfalls verantwortlich zeigt. Wer auf Mafia-Geschichten steht, kommt an dieser Neufassung von „Scarface“ nicht vorbei. War ja auch bitter nötig, dass sich mal jemand an die grafische Umsetzung dieser allseits beliebten Geschichte heranwagt.

geheime-garten// Der 27-jährige Autor Masayuki Kusumi hat sich in der Zwischenzeit mit Manga-Legende Jiro Taniguchi zusammen getan, um den Alltag in Tokyo im Rahmen einer kurzen Geschichte zu umreißen. Dazu lassen die Beiden einen jungen Protagonisten durch die Straßen der Mega-City streifen und widmen sich dabei in jedem Kapitel einer anderen Station seiner Reise. Die Hauptfigur landet auf diese Weise nicht nur in einem Antiquitätenladen, sondern auch in zahlreichen traditionellen Geschäften der Metropole. Zwischendurch wird dann auch mal in einem kleinen Restaurant gesessen und auf einem Festival vorbeigeschaut. Im Grunde genommen passiert also nicht viel in „Der geheime Garten vom Nakano Broadway“ und doch gelingt es den Schöpfern ihre Leser mit dieser Geschichte zu verzaubern. Getreu dem Motto „Der Weg ist das Ziel“ schreiten die Ereignisse voran und man möchte gar nicht glauben, dass dieses ziellose Unterfangen schon nach 80 Seiten wieder zu Ende sein soll. Von uns aus hätte das noch ewig so weitergehen können. Doch irgendwann ist auch die schönste Reise zu Ende. Deshalb lasst es euch gut gehen. Bis zum nächsten Strichcode.