// strichcode vol. 48 – „smile“

mit den Bänden Smile, Strangers in Paradise, Steam Noir, The Strain, Fashion Beast, Before Watchmen – Rorschach, Auf dem Drahtseil, Jonas oder der Künstler bei der Arbeit, Die ungewöhnliche Geschichte von Bill Watterson und seinem legendären Comicstrip und das Klagelied des Meeres. // Heute schon gelächelt? Falls nicht solltest du mal in die sympathische Graphic […]

mit den Bänden Smile, Strangers in Paradise, Steam Noir, The Strain, Fashion Beast, Before Watchmen – Rorschach, Auf dem Drahtseil, Jonas oder der Künstler bei der Arbeit, Die ungewöhnliche Geschichte von Bill Watterson und seinem legendären Comicstrip und das Klagelied des Meeres.

smile// Heute schon gelächelt? Falls nicht solltest du mal in die sympathische Graphic Novel „Smile“ hinein spitzen, die einem ein breites Grinsen aufs Gesicht zaubert. Die Geschichte von Raina Telgemeier ist ein echter Geheimtipp, der sich mit den ganz normalen Nöten und Sorgen des alltäglichen Lebens auseinander setzt. Die „wahre Geschichte“ von Raina spult uns zurück in ihr Leben als Sechstklässlerin, nachdem sie sich gerade die beiden Vorderzähne ausgeschlagen hat. Was folgt ist eine immense Masse an Zahnarztbesuchen und Operationen, die letztendlich das Tragen von beachtlichen Spangen nach sich ziehen (eine schöner als die andere). So sieht sich die Protagonistin zunehmend dazu genötigt, sich ihr breites Grinsen zu verkneifen, wenn jemand eine lustige Geschichte erzählt.

Das wiederum schlägt ihr nicht nur aufs Gemüt, sondern stellt sie auch im Alltag vor zahlreiche kleinere und größere Herausforderungen. Ob sie es am Ende doch noch schafft, einmal so richtig schön zu grinsen? Du solltest es unbedingt selbst herausfinden und einen Blick hinter die Kulissen des Frontcovers riskieren. „Smile“ ist die bisher sympathischste Coming-Of-Age-Geschichte des Jahres und gehört nach unserer Meinung in jede gut-sortierte Graphic Novel-Bibliothek.

strangers-in-paradise1// Ein wirklich gelungenes Buch über zwischenmenschliche Beziehungen erscheint derweil im Verlag „Schreiber & Leser“, der sich dem breiten Kosmos von „Strangers in Paradise“ angenommen hat. Das Werk von Terry Moore wurde nicht nur von Neil Gaiman mit lobenden Worten bedacht, sondern ist auch inhaltlich ein gefundenes Fressen für alle Fans von verdreht-verzückten Geschichten. Im Laufe des Werkes folgen wir einer gewissen Katina Choovanski alias Katchoo auf ihrem Streifzug durchs Leben. Während sie unsterblich in ihre Mitbewohnerin Francine verknallt ist, hat der Kunststudent David ein Auge auf Katina geworfen. Und so drehen sich die Ereignisse nicht nur um die großen und kleinen Dramen des Lebens, es kommt auch noch eine ominöse FBI-Akte ins Spiel, die sich mit der verrückten Vergangenheit von Katchoo auseinander setzt. Was da so drin steht? Am besten du schnupperst selbst mal rein. Die schwarzweißen Zeichnungen versetzen einen in ein durchgeknalltes Paralleluniversum, das vor Cliffhangern nur so strotzt. Darüber hinaus bekommt man hier eine ganze Reihe tiefgründiger Figuren präsentiert, welche einen als Leser bei der Stange halten und letztendlich dafür sorgten, dass die Reihe in den Jahren 1993 bis 2007 eine breite Fangemeinde um sich versammeln konnte. Die Neuauflage im „Schreiber & Leser“-Verlag bietet demnach die perfekte Möglichkeit, im breiten „Strangers in Paradise“-Universum Fuß zu fassen und sich von den dramatisch-amüsanten Geschichten den Kopf verdrehen zu lassen.

steam-noir-3// Im lang-ersehnten dritten Band von „Steam Noir“ geht es in der Zwischenzeit auch weiterhin sehr düster zu. Die beiden Schöpfer Felix Mertikat und Verena Klinke haben auch diesmal alles daran gesetzt, ihre Vision eines imposanten Steampunk-Spektakels auf Papier zu überführen. Nachdem die Geschichte am Ende des zweiten Bandes noch zahlreiche Antworten offen ließ, verschwimmen die Grenzen zwischen Gut und Böse im dritten Teil immer mehr. Der Bizarromant Heinrich Lerchenwald sagt sich kurzerhand vom Leonardsbund los und verbündet sich mit einem Wiederkehrer, um das Geheimnis des Kupferherzes zu lüften. Seine beiden Freunde Richard Hirschmann und Ermittlerin Frau D. fühlen sich nicht nur hintergangen, Lerchenwald bringt durch seinen Alleingang auch noch seine Familie in Schwierigkeiten. Ob er seinen Fehler am Ende wieder gut machen kann? Es sieht nicht danach aus, denn durch das plötzliche Auftauchen der Toteninsel Vineta, wird ganze Landsberg ins Chaos gestürzt. Ob am Ende noch ein Stein auf dem Anderen liegt und die einzelnen Protagonisten wieder zueinander finden? Ob sie bereit sind wieder Vertrauen in das Handeln des Anderen zu fassen? Gerade die Charakterschwächen und Unschärfe in den Persönlichkeiten der einzelnen Charaktere machen „Steam Noir“ zum wahrscheinlich besten „Steampunk“-Spektakel des Jahres 2013. Deshalb blicken wir jetzt schon gespannt in Richtung Sommer, wenn der abschließende Teil der Saga erscheinen soll.

strain11// Wer sich bereits im Kino am mysteriösen Schaffen von Filmemacher Guillermo del Toro erfreute, der kommt nun auch noch in den Genuss einer gelungenen Graphic Novel, deren erster Band in diesen Tagen bei „Panini Comics“ erscheint. „The Strain“ ist eine Co-Produktion mit Chuck Hogan, der bereits mit dem Hemmet-Prize ausgezeichnet wurde. Die Geschichte entpuppt sich als tiefsinniges Vampir-Melodram, das einen schon nach wenigen Seiten in seinen Bann zieht. Die Story selbst dreht sich um eine Horde blutsaugender Gesellen, die sich über eine Boeing 777 hermachen. Nach der Landung der Maschine finden die Wissenschaftler lediglich einen großen Berg an Leichen und drei Überlebende vor. Kurz darauf kommt es in New York zu einigen Zwischenfällen, die den schrecklichen Verdacht bestätigen. Handelt es sich bei den Überlebenden wirklich um Vampire im Blutrausch, die gerade auf Beutejagd sind? Während die Wissenschaftler noch Tage später vor einem Rätsel stehen, kehren plötzlich auch die 200 Toten aus dem Flugzeug wieder ins Leben zurück und der Wahnsinn beginnt. „The Strain“ beeindruckt in diesem Zusammenhang nicht nur durch die einzigartige Bildsprache, die Mike Huddleston und Dan Jackson hier kreieren, sondern auch durch eine spannende Geschichte, die mit zahlreichen Überraschungsmomenten gespickt ist. Wenn du also auf tiefsinnige Horrorgeschichten stehst, schnupper mal rein.

fashion-beast// Ebenfalls äußert gelungen ist das aktuelle Werk von „Watchmen“-Schöpfer Alan Moore, das er zusammen mit dem altehrwürdigen Malcolm McLaren aus dem Ärmel geschüttelt hat. „Fashion Beast“ ist ein gefundenes Fressen für alle Fans von düsteren Zukunfts-Visionen. Nach einem nuklearen Ernstfall heften wir uns an die Fersen eines Transvestiten namens Doll, der von einer imposanten Karriere als Tänzer träumt. Als aber ein durchgeknallter Kunde seine Kabine in Schutt und Asche legt, verliert er seinen Job und muss sich schließlich als Model durchschlagen. Seine neue Chefin ist niemand Geringeres als die Modeschöpferin Celestine, die zufälligerweise mit dem durchgeknallten Zimmer-Verwüster zusammenarbeitet, der für Dolls zwischenzeitliche Arbeitslosigkeit verantwortlich ist. Ob das am Ende gut geht? Es lohnt sich in „Gefeuert“ (so der Titel des ersten Bandes) reinzuschauen, weil „Fashion Beast“ mit einer gehörigen Portion klassischer Motive und einer kurzweiligen Geschichte gesegnet ist, die schöne Erinnerungen an diverse Steampunk-Klassiker wachruft. rorschachAlle langjährigen „Watchmen“-Fans kommen zudem in diesen Tagen in den Genuss diverser Prequels, die in den kommenden Monaten bei „Panini“ erscheinen werden. Zum Auftakt beobachten wir dem altehrwürdigen „Rorschach“ dabei, wie er sich mit einem verrückten Frauenmörder anlegt. Wir schreiben das Jahr 1977 und New York droht in einem Meer aus Korruption und Drogen zu versinken. Zu allem Überfluss treibt auch noch ein eiskalter Mörder ein perfides Spiel mit seinen Opfern, die allesamt dem weiblichen Geschlecht angehören. Der so genannte „Barde“ allerdings führt Rorschach geradewegs in die Arme eines kaltblütigen Gangsterbosses und der Protagonist wird auf einmal zum Gejagten. Ob er ihm am Ende trotzdem zu überführen vermag? Am besten du machst dir selbst ein Bild. „Rorschach“ aus der „Before Watchmen“-Reihe erreicht zwar nicht ganz die Qualität des sagenhaften Originals, sorgt aber für zahlreiche A-Ha-Effekte und blickt hinter die Fassade des wohl düstersten Gesellen aus dem „Watchmen“-Universum. Autor Brian Azzarlello und Zeichner Lee Bermejo haben also ganze Arbeit geleistet und schaffen es auf ihre eigene Art der Welt der „Watchmen“ ein paar ungeahnte Facetten hinzuzufügen. Soll heißen: „Rorschach“ ist ein absoluter Pflichtkauf, nicht nur für Fans des Originals.

drahtseil// Wenn Art Spiegelmann schon einmal ein Werk in den höchsten Tönen lobt, dann lohnt es sich wirklich einen Blick in das Buch zu riskieren. „Auf dem Drahtseil“ erzählt die Geschichte eines Entfesselungskünstler-Assistenten, der zusammen mit einem Zirkus durch die Vereinigten Staaten tourt. Die Graphic Novel spielt zur Zeit der Großen Depression und setzt sich differenziert mit dem damaligen, gesellschaftlichen Leben auseinander. Im Zentrum des Geschehens steht allerdings die Entwicklung des Entfesselungskünstlers Fordon Corey, der es seinen Mitmenschen außerordentlich schwer macht, ihn sympathisch zu finden. Fred Bloch wiederum, so der Name des Assistenten versucht seinen Chef weitestgehend von jeglicher Art von Schwierigkeiten fernzuhalten, trägt aber auch seine eigenen Probleme mit sich herum – als Sympathisant der Kommunisten hat er einen schweren Stand, setzt sich aber dennoch für die Rechte von streikenden Stahlarbeitern ein. In ausufernden Passagen widmet sich das Werk des Autoren-Duos James Lance und Dan. E Burr auf glaubwürdige Weise seinen beiden Haupt-Charakteren und erschafft eine Geschichte epischen Ausmaßes, die es sogar mit so manchem Literatur-Klassiker aufnehmen kann. Soll heißen: wer auf anspruchsvolle Geschichten im Comic-Outfit steht, sollte unbedingt mal reinschauen. Es lohnt sich.

jonas// Als vor über 50 Jahren erstmals die Geschichte „Jonas oder der Künstler bei der Arbeit“ von Albert Camus erschienen ist, war sofort klar, dass man es hier mit einem wirklich grandiosen, literarischen Machwerk zu tun hatte. Darin dreht sich alles um das Dilemma eines typischen Künstler-Daseins. Einerseits sieht er sich mit gesellschaftlichen und ökonomischen Zwängen konfrontiert, andererseits möchte er sich aber von Niemandem beschränken lassen und seiner Liebe für die Kunst freien Lauf lassen. Das wiederum reibt einen auf – so sehr, dass nicht nur das familiäre Leben darunter leiden kann, sondern auch die besten Freunde einem nach gewisser Zeit den Rücken kehren. Ein echter Künstler ist somit in den meisten Fällen zur Isolation verdammt, obwohl er doch von Millionen insgeheim bewundert wird. Der Berliner Zeichnerin Katia Fouquet gelingt es in ihrer Graphic Novel die literarische Vorlage in traumhafte Motive zu überführen, die einem den Mund ganz weit offen stehen lassen. So möchte man das Werk am Liebsten in einem Rutsch durchschmökern, weil es der Autorin gelingt ihre Leser in einen wahren Rausch der Emotionen zu versetzen. Man kann sich im wahrsten Sinne des Wortes in die Situation des Protagonisten hineinversetzen und bekommt auf diese Weise einen imposanten Eindruck davon vermittelt, was es bedeutet in unserer Gesellschaft ein Dasein als Künstler zu fristen. Für wen die Welt nicht allein aus Gut und Böse besteht, der sollte mal reinschauen in dieses Werk. Es lohnt sich.

calvinhobbes// Und ja, jetzt ist es endlich soweit. Mit „Die ungewöhnliche Geschichte von Bill Watterson und seinem legendären Comicstrip“ besprechen wir heute das erste, komplett Illustrations-freie Werk im Rahmen des Strichcodes. Kenner des Genres wissen natürlich sofort um wen es sich bei Bill Watterson handelt. Und zwar um niemand Geringerem als den Schöpfer der renommierten Comic-Reihe „Calvin und Hobbes“, die den meisten von uns in den vergangenen Jahren innig ans Herz gewachsen ist. Das Buch selbst ist auch deshalb so bemerkenswert, weil der Autor in der Vergangenheit sehr spärlich mit Informationen aus seinem Privatleben umgegangen ist. Er lebt seit vielen Jahren äußerst zurückgezogen und äußert sich normalerweise nur sehr selten zu seiner Kunst. Autor Nevin Martell wiederum gelingt es mit einer gehörigen Portion an Enthusiasmus, die einzelnen Puzzleteile über Wattersons Leben zu einem großen Ganzen zusammenzufügen und widmet sich den Figuren und der Person des Autors auf äußerst liebreizende Weise. Wenn du also in Sachen „Junge und Tiger“ mal etwas genauer hinter die Kulissen blicken möchtest, schnupper mal rein. „Auf der Suche nach Calvin und Hobbes“ ist nicht nur eine liebenswerte Hommage eines langjährigen Fans, sondern auch ist ein absolutes Muss für alle „Calvin & Hobbes“-Anhänger.

frances// Wer auf Poesie in illustrierter Form steht, der sollte mal in das zauberhafte Werk „Das Klagelied des Meeres“ hinein schauen, das soeben bei „Cross Cult“ erschienen ist. Das Album von Victoria Francés entführt uns ins 18.Jahrhundert an Bord eines Schiffes, das seit Tagen im Nebel herumgeistert. Zu allem Überfluss hat sich auch noch die Pest an Bord geschlichen, so dass alle Anwesenden um ihr Leben bangen müssen, wenn sie nicht schnell genug einen Ausweg finden. Mit jeder Sekunde, die verstreicht, schwindet jedoch die Hoffnung ein kleines bisschen mehr und so stürzt sich der junge Zachary schließlich über Bord, um sein Schicksal ein letztes Mal selbst in die Hand zu nehmen. Während er bereits auf der Schwelle des Todes wandelt, taucht plötzlich ein mysteriöses Wesen auf, das ihn ins Leben zurückführt. Selbiges, ebenso anmutend wie verstörend in Szene gesetzt, bringt ihn in eine entlegene Bucht abseits des nebligen Schleiers, der alles und jeden zu verschlingen droht. Ob die Geschichte also am Ende doch noch eine glückliche Wendung nimmt? Der Titel des Werkes lässt berechtigte Zweifel offen und so sollte man sich diese illustrierte Geschichte auf keinen Fall entgehen lassen. Wir sagen in der Zwischenzeit erst einmal „tschüss“ für heute. Bis zum nächsten Strichcode.