// strichcode vol. 78 – „fun home“

mit den Bänden Ash, Mouse Guard (Legenden der Wächter), Fun Home und Saga (Band 4). // Düster geht’s zu im Hause Anguis Seductor Hominum alias „Ash“. Die Geschichte um ein junges Mädchen, welches in einem Grab im Böhmischen Königreich fest steckt, jagt einen schon nach wenigen Seiten einen kalten Schauer über den Rücken. Hier wird […]

mit den Bänden Ash, Mouse Guard (Legenden der Wächter), Fun Home und Saga (Band 4).

ash// Düster geht’s zu im Hause Anguis Seductor Hominum alias „Ash“. Die Geschichte um ein junges Mädchen, welches in einem Grab im Böhmischen Königreich fest steckt, jagt einen schon nach wenigen Seiten einen kalten Schauer über den Rücken. Hier wird eine tieftraurige Geschichte mit Mitteln des Steampunk-Genres einer fantastischen Story verwoben und heraus kommt eine bitterböse Abhandlung über die Gefahren, die unter der Oberfläche schlummern, wenn jemanden ewiges Leben eingehaucht wurde. Warum aber hat ausgerechnet Ash dieses Schicksal ereilt? Die beiden Macher Francois Debois und Krystel geben sich sehr viel Mühe, vielschichtige Charaktere in Szene zu setzen und darum einen spannenden Handlungsboden zu entwirren. Gibt ja schließlich einiges aufzuarbeiten und so stellt sich schon bald die Frage, ob es da wirklich jemanden gibt, der sie gefangen hält oder ob es doch um etwas ganz anderes geht? Ob es am Ende eine Aussicht auf Erlösung gibt? „Ash“ wirft existenzielle Fragen auf und ist mit zahlreichen literarischen Seitenhieben gespickt. Und dann taucht plötzlich auch noch ein gewisser Faust auf der Bildfläche auf. Warum der sich ausgerechnet für Ash interessiert? Manch einer mag es schon zu erahnen. Für den Rest gilt: unbedingt mal reinschnuppern in diese hochwertige Graphic Novel aus dem „Splitter“-Verlag. Es wird dir den Atem verschlagen.

mouse-guard-2// Wenn sich Comic-Meister wie Stan Sakai und Bill Willingham dazu aufraffen, eine Geschichte um kleine Mäuse in Szene zu setzen, dann muss es sich in diesem Zusammenhang schon um etwas ganz Besonderes handeln. „Mouse Guard“ von David Petersen ist so ein Fall und ist im „Cross Cult“-Verlag schon seit Längerem auch hierzulande erhältlich. Der zweite Band der Reihe, welcher unter dem Namen „Legenden der Wächter“ erschienen ist versammelt neben den Geschichten der drei vorab genannten Künstler noch zahlreiche weitere Episoden unterschiedlichster Machart, die sich zu einem formvollendeten Ganzen zusammen fügen. Dabei ist „Mouse Guard“ immer auch eine Parabel auf unsere Gesellschaft und keineswegs nur für Kinder interessant. Ganz im Gegenteil: Wenn hier Mäuse auf der Bildfläche erscheinen, dann ziehen sie gegen die Gegner aus dem Hause der Wiesel antreten, dann geht’s auch schon mal ziemlich zur Sache. Anschließend wird dann auch gerne mal in Geisterkostüme geschlüpft oder eine Prinzessin aus den Fängen der Gegner befreit. Heraus kommt ein buntes und spannendes Spektakel voller Abwechslungsreichtum, dass man sich als Fan von tierischen Fantasy-Geschichten auf keinen Fall entgehen lassen sollte.

saga-4// Gleiches gilt für den inzwischen bereits vierten Band aus dem Hause „Saga“. Die Reihe hat uns vom ersten Moment an in ihren Bann geschlagen und verlor auch mit zunehmender Lauflänge nicht an Klasse. Ganz im Gegenteil: welch vielschichtige Charaktere die Macher hier aus dem Ärmel schüttelten und welch buntes Universum sie Selbige einpflanzten, ist meisterhaft und könnte auch Star Wars-Fans begeistern. Im vierten Buch von Brian K. Vaughn und Fiona Staples wird auch weiterhin die Geschichte einer Familie weiter erzählt, die keine wirkliche Heimat hat. Alana, Marko und Hazel sind Ausgestoßene, die ihren Platz im Leben erst noch finden müssen. Zu früh haben die Eltern eine Grenze überschritten, von der es kein zurück mehr gab. Sie haben ein Kind geboren, was als Unrecht angesehen wurde, weil ihre beiden Kulturen tiefgreifende Probleme miteinander haben. Nun suchen sie ihr Glück auf einem neuen Planeten und werden doch immer wieder von der Vergangenheit eingeholt. Ihre wahre Identität können sie dennoch nicht Preis geben. Dazu sitzen die Vorurteile im ganzen Universum noch zu tief. Auf diese Weise allerdings erzählt uns „Saga“ auch eine Geschichte aus dem wirklichen Leben, wo Werte wie Toleranz und Nächstenliebe leider auch noch immer allzu oft in den Hintergrund gedrängt werden. Kein Wunder also, dass „Saga“ neben sechs „Eisner“-Awards, auch schon bei der Jury der „Harvey“ und „Hugo“-Awards zu punkten vermochte.

fun-home// Die Anschaffung von Alison Bechdels „Fun Home“ lohnt sich darüber hinaus schon allein deshalb, weil ihre autobiografische Familiengeschichte an der makellosen Fassade unseres Daseins kratzt. Die junge Protagonistin sieht sich jedenfalls damit konfrontiert, dass ihr Vater homosexuell ist. Das Blöde an der ganzen Geschichte ist nur, dass der werte Herr Vater trotzdem ein normales Familienleben führen möchte, was schließlich zu allerhand explosiven Situationen führt. Das Unterdrücken der eigenen Gefühle führt dazu, dass Alisons Vater immer wieder dazu neigt, seine Tochter zu tyrannisieren, selbige andererseits leidet unter den ständigen Stimmungsschwankungen von Bruce (so sein Name) und geht deshalb bei ihrer grafischen Vergangenheitsbewältigung nur umso schonungsloser vor. „Fun Home“ ist in diesem Zusammenhang aber keine hasserfüllte Abrechnung mit all den Dingen, die in der Vergangenheit schief gelaufen sind, vielmehr wird immer wieder die Liebe der Tochter zu ihrem Vater spürbar. Die kritische Haltung gegenüber den gesellschaftlichen Zwängen, welche das ganze Drama auslösen, sorgt dafür, dass man Alison Bechdels Buch auch als Anklage an das konservative Wertesystem vielerorts verstehen darf. Die blassen Zeichnung spiegeln darüber hinaus perfekt das distanzierte Verhältnis zwischen Vater und Tochter wieder und machen deutlich, wie viele Möglichkeiten den beiden noch offen gestanden hätten, wäre Alisons Vater nicht aus dem Leben gerissen worden, nachdem ihn ein LKW erfasste.