// der neue bond ist da!

Der neuste Bond überdehnt die Stärken seines VorgängersAm Ende sind sie alle verstummt, die Kritiker des ersten blonden Bond Daniel Craig. „Casino Royale“, der erfolgreiche Reboot des langlebigsten Action-Franchises aller Zeiten, machte einfach zu viel richtig als das man noch meckern durfte: Er war ruhig, wenn er ruhig sein sollte und schnell wenn es passte. […]

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Der neuste Bond überdehnt die Stärken seines VorgängersAm Ende sind sie alle verstummt, die Kritiker des ersten blonden Bond Daniel Craig. „Casino Royale“, der erfolgreiche Reboot des langlebigsten Action-Franchises aller Zeiten, machte einfach zu viel richtig als das man noch meckern durfte: Er war ruhig, wenn er ruhig sein sollte und schnell wenn es passte. Er bot beides: psychologische Charakterspiele und spektakulärste, echte und körperliche Action. Und Daniel Craig sah zwar aus wie ein Gorilla im Smoking, verlieh Bond aber eine neue rotzige Erdigkeit und so etwas wie eine Seele, die zum Zeitgeist passte und damit auch einfach mal was Neues war.In der Folge begegnet man immer wieder dem gleiche Gedankengang, der immer wieder ins Leere läuft: Die Zuschauer mochten es, lasst uns mehr davon machen. Kümmert euch nicht um Besser, wir brauchen nur Mehr. Mehr Psychologie und Gerede, mehr ultraschnelle harte Actionszenen und mehr Charakterentwicklung und Figurenkontinuität. Flugs wurde wieder Hollywoods Drehbuchdoktor Nummer 1, Paul Haggis („Million Dollar Baby“), an Bord geholt und ein für seine psychologische Weisheit bekannter Regisseur angeheuert: Marc Forster („Monster‘s Ball“, „Wenn Träume fliegen lernen“). Das Drehbuch des Films baut direkt auf „Casino Royale“ auf, schließt quasi nahtlos an die letzte Szene in Italien an. Die Vortitelsequenz ist eine schnelle Autoverfolgungsjagd in den Alpen, denn Bond hat ja bekannterweise Mr. White gefangen genommen. Der jedoch hat seine Agenten überall. Er entkommt und Bond muss ihn fortan jagen, schließlich will er Vergeltung für Vesper. Eine Spur führt ihn nach Haiti, wo er auch die feurige Camille (Olga Kurylenko) und über Umwege den Öko-Millionär Dominic Greene (Mathieu Amalric) kennen lernt. Greene macht Geschäfte mit einem bolivianischen General, den er mit Hilfe des CIA zur Macht putschen will. Im Gegenzug verlangt er nur ein scheinbar belangloses Stück Wüste. Bevor es natürlich in eben dieser Wüste zu einem explosiven Showdown kommen kann, muss Bond noch nach Bregenz, in die Toskana und nach La Paz reisen, seine eigenen Rachegelüste unterdrücken, sich mit M zoffen und aufdecken, dass Greene – gemeinsam mit White – Teil einer weltumspannenden, gefährlichen Organisation namens Quantum ist – daher auch der merkwürdige Titel.Bond Nummer 22 ist modernes Actionkino, so viel steht fest.

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Es macht alles genau so, wie es im Buche steht, hat aber vergessen, warum es dort ursprünglich mal aufgeschrieben wurde. Statt plumper Gut-Böse-Konstellationen gibt es hier ein Netz aus Intrigen, in denen hinter jeder Ecke eine Falle lauern könnte, und das sich sehr eng an die wahren Sorgen der momentanten Zeit, in diesem Falle ökologische Ressourcen, anlehnt. Dumm nur, wenn der Film in Konsequenz seine Figuren wie Schachfiguren auf einem Brett hin und her schiebt, auf dem sie nur eine Aufgabe erfüllen und dann sterben dürfen. Statt dumpfer Krachbumm-Action bietet der neueste Bond flotte, viszerale Straßenschlachten, teilweise eins zu eins aus „Das Bourne-Ultimatum“ übernommen, und künstlerisch-ästhetisch aufgelöste Extremsituationen, die allerdings so wahnwitzig schnell und unübersichtlich geschnitten sind, das man als Zuschauer gar nicht mehr weiß, wer sich eigentlich wo befindet und was er dort gerade tut. Intelligente Einfälle (wie die Verfolgungsjagd zu Fuß in „Casino Royale“) sucht man darüber hinaus vergebens: Es sind seine Actionszenen, in denen „Ein Quantum Trost“ am wenigsten funktioniert. Und so können ihn auch seine oft genug brillant aufgezogenen Dialogszenen, guten Schauspieler, pyschologischen Raffinessen und Anknüpfungen an den Vorgänger (ohne dessen Kenntnis der Film eigentlich nicht zu verstehen ist) nicht aus dem Sumpf ziehen. Zu sehr wirkt er wie ein überspannter Bogen, der einem beim Abschießen nach hinten losgeht. Zu sehr hat er außer acht gelassen, was außerdem noch wichtig ist bei einem Bondfilm: ein bisschen übermenschlicher Wagemut nämlich. Denn manchmal ist ein Quantum Trost einfach nicht genug.// von alex gajic// 5 von 10 Zuckerli