// aufgelesen vol. (2)01 – „dann schlaf auch du“

mit neuen Büchern von Leïla Slimani, Flake, Gaël Faye, Juli Zeh und dem Hörspiel zu Robert Menasses „Die Hauptstadt“. // Leïla Slimani hat ein Buch geschrieben, das aufhorchen lässt. „Dann schlaf auch du“ ist nicht nur ein großartig geschriebener Roman, sondern auch ein Werk, das einen sofort in eine Art Paralleluniversum schubst. Man wird regelrecht […]

mit neuen Büchern von Leïla Slimani, Flake, Gaël Faye, Juli Zeh und dem Hörspiel zu Robert Menasses „Die Hauptstadt“.

// Leïla Slimani hat ein Buch geschrieben, das aufhorchen lässt. „Dann schlaf auch du“ ist nicht nur ein großartig geschriebener Roman, sondern auch ein Werk, das einen sofort in eine Art Paralleluniversum schubst. Man wird regelrecht aufgesogen von den Worten der Schriftstellerin und sieht sich dabei mit einem nahezu perfekten Paar konfrontiert. Eigentlich wollen die beiden Hauptfiguren des Buches nämlich alles richtig machen. Sie wollen Kind und Beruf unter einen Hut kriegen und engagieren eine Nanny, die ihnen das Leben ein wenig erleichtern soll. Dabei allerdings wissen Myriam und Paul nicht wirklich auf was sie sich einlassen. Sie kennen Nanny Louise nämlich gar nicht wirklich, aber da sie sich gut verstehen und sie wie eine Nanny aus einem Bilderbuch wirkt, lassen sie sie fortan für sie ihren privaten Alltag organisieren. Schrittweise reißt Louise alle verantwortungsvollen Tätigkeiten an sich und wird so schnell unentbehrlich für die Familie. Alles könnte perfekt sein, wenn da nicht ein dunkles Geheimnis im Inneren der Fünfzigjährigen Frau schlummern würde, das plötzlich das kleine Glück zu zerstören droht. Was am Ende geschieht? Wir wollen nicht zu viel verraten, aber dieses Werk gehört sicher jetzt schon zu den eindringlichsten des Jahres und du solltest es auf keinen Fall verpassen. Es lohnt sich.

// Der Musiker Flake hat bereits vor zwei Jahren mit seinem literarischen Debüt „Der Tastenficker“ für Furore gesorgt. Nun nimmt sich der in Berlin lebende Künstler, der neben seinem Engagement bei Rammstein auch bei den Bands Feeling B und Magdalene Keibel Combo aktiv gewesen ist, einen packenden Nachfolger geschrieben und den sollte man sich als Fan von spannenden Band-Dokus auf keinen Fall durch die Lappen gehen lassen. In „Heute hat die Welt Geburtstag“ beschreibt der gebürtige Ostberliner, wie es so ist, wenn man mit einem Großunternehmen wie Rammstein unterwegs ist. Das Werk selbst ist in den ruhigen Momenten on the road entstanden und das Schreiben hat dem Musiker so manche Wartezeit auf das nächste große Konzert versüßt. Dabei bekommt man als Leser tatsächlich einen spannenden Einblick hinter die Kulissen, was Flake allerdings darauf schiebt, dass ihm für eine vollkommen erfundene Geschichte leider die Phantasie fehle. Wenn du also noch ein bisschen näher rankommen willst an den Alltag eines Künstlers, der sich mit pyrotechnischen Verbrennungen und Ähnlichem auseinander setzen muss, dann lass dir dieses Werk nicht entgehen und hör doch bei Gelegenheit auch mal in das gleich zu Beginn zitierte Stück „Alles Grau“ von Isolation Berlin rein. So etwas wunderschön-trauriges hast du schon lange nicht mehr gehört.

// Nach Burundi transferiert uns der im Jahre 1982 geborene Musiker und Autor Gaël Faye, der sich im Rahmen seines Werkes „Kleines Land“ auch mit seiner eigenen Kindheit auseinandersetzt. Nachdem das Paradies, in welchem er sich während seiner Kindheit wähnte, durch einen Bürgerkrieg zerstört worden ist, verschlägt es Gabriel in einen Vorort von Paris. Insgeheim allerdings sehnt er sich immer wieder an die Zeit zurück, in der er Boote aus Bananenstauten baute oder Mangos vom Baum der Nachbarin pflückte. Viele Jahre, nachdem er mit seiner Schwester zusammen nach Frankreich geflohen ist, kehr er nun noch einmal an den Ort seiner Kindheit zurück und muss feststellen, dass etwas, was eigentlich für immer verloren schien, tatsächlich noch existiert. Wie die ganze Geschichte am Ende ausgeht? Lass dich ein auf diesen spannenden Roman aus dem echten Leben, der einem nochmal vor Augen führt, wie unsere Kindheit dazu beiträgt, dass wir zu dem Menschen werden, der wir heute sind.

// Zwischendurch außerdem noch der Hinweis auf das Hörspiel zum aktuellen Buchpreis-Gewinner von Robert Menasse. Nachdem wir euch erst kürzlich sein Werk im Rahmen unseres Shortlist-Specials vorgestellt haben, möchten wir euch auch die gelesene Version von Christian Berkel noch einmal ganz innig ans Herz legen. Die Geschichte, die bei „Der Hörverlag“ aus dem Hause Random House erschein, transferiert uns kurzerhand nach Brüssel, wo unterschiedliche Menschen vor zahlreichen diffizilen Herausforderungen stehen. Es dauert nicht besonders lange bis einen die Geschichte in ihren Bann zieht, weil es Menasse ganz hervorragend versteht, seine Figuren mit Leben zu füllen. Heraus kommt eine spannende Geschichte rund um zahlreiche unterschiedliche Charaktere, die damit beginnt, dass ein Schwein durch die Straßen der Stadt läuft. Mit einer Laufzeit von knapp 15 Stunden ist das Werk als Hörbuch ein nahezu episches Unterfangen und wurde passend dazu auch gleich auf 2 MP3-Cds verteilt. Dafür bekommt man aber die vollständige Lesung dieses so wichtigen Romans präsentiert, der so hochaktuell ist, dass der Preis vollkommen gerechtfertigt erscheint. Wenn du also lieber zuhörst, statt selbst zu lesen, dann schnapp dir diese charmante Alternative von „Die Hauptstadt“. Du wirst es ganz sicher nicht bereuen.

// Ebenfalls als Neuauflage im handlichen Taschenbuchformat kommt der Juli-Zeh-Bestseller „Unterleuten“ in diesen Tagen noch einmal in den Handel. Für uns Grund genug, das Werk an dieser Stelle nochmal kurz vorzustellen und es all jenen zu empfehlen, die es bisher noch nicht ihr Eigen nennen. Die Autorin nimmt im Rahmen des Buches die Sichtweise zahlreicher Charaktere ein und schildert dabei deren subjektive Sicht der Dinge. Erst langsam fügt sich mosaikartig ein Gesamtbild zusammen, das von Seite zu Seite faszinierender anmutet. Wenn man nämlich bedenkt, dass es in dem gleichnamigen Ort eigentlich nur um ganz alltägliche Probleme geht, schafft es die Autorin dennoch ihre Leser in bester Thriller-Manier zu unterhalten. Die Bruchstellen wiederum zwischen den einzelnen Sichtweisen darf der Leser selbst füllen und so ist „Unterleuten“ nicht nur ein unterhaltsames Werk, sondern auch eines, das einen zum Nachdenken anregt. Gerade dann nämlich, wenn Zeh den Fokus immer mehr auf die Innenansichten ihrer Figuren richtet, dann werden aus ganz gewöhnlichen Dingen plötzlich überlebensgroße Herausforderungen. „Unterleuten“ ist damit der wahrscheinlich glaubwürdigste und viel-schichtigste Gesellschaftsroman unserer Zeit und völlig wurde von uns verdientermaßen zum Buch des Jahres 2016 erklärt. Also viel Spaß beim Lesen und bis zum nächsten Mal.