mit den neuen Veröffentlichungen von Fischermätteli Hood Gäng und Iroas, Migo & Buzz.
// Eine der spannendsten, wenn nicht sogar die empfehlenswerteste HipHop-Veröffentlichung des bisherigen Jahres biegt in diesen Tagen aus dem schweizerischen Bern um die Ecke. Die Fischermätteli Hood Gäng ist ein gefundenes Fressen für all diejenigen, die auf Lyrics voller Ironie stehen. Während einige Mitglieder der Band auch bei der ebenfalls sehr empfehlenswerten Chaostruppe aktiv sind, bezieht sich der Name Fischermätteli auf ein gleichnamiges Quartier (was so viel heißt wie Stadtviertel) aus Bern, in dem etwa 1000 Menschen ansässig sind. Mit ihrem aktuellen Werk erscheint nach einem ähnlich betitelten Teaser-Mixtape-Countdown mit so illustren Titeln wie „No 3 Minutä bis dr Bus chunnt“ (2013), „No 2 Minutä bis dr Bus chunnt“ (2015), „No 1 Minutä bis dr Bus chunnt“ (2016) und „No 59 Sekundä bis dr Bus chunnt“ (2000) nun endlich das nicht mehr für möglich gehaltene Album mit dem augenzwinkernden Titel namens „Dr Bus isch da“ und das ist schlichtweg fantastisch geworden. Als Crowdfundingprojekt gestartet erscheint das Werk nicht nur in einer hochwertigen Vinyl-Ausgabe, sondern auch auf CD und man merkt der Crew an, dass sie das ganze Projekt damit auf nächste Level pushen möchte. „Dr Bus isch da“ ist einerseits ein großer Spaß, den man sich am Besten via Kopfhörer zu Gemüte führt, andererseits greift die Platte oft auch politische Themen auf und knallt sie einem in energischen Tracks um die Ohren. Beispiel gefällig? „Es geit langsam z’deruf – Mini Erfougskurve gseht vo nachem wine Waagrächti us“ oder „Mönsche si e Ich-AG, Pass uf bim Ufstig – Ds Wasser bis zum Haus sorgt für natürleche Uftrib“. Noch im Dezember 2020 erschienen, schafft es das Werk mit so wunderbar selbstironischen wie auch hintersinnigen Tracks wie „Fischermätterlinge“ oder „Mama, dr Ma mitm Stoff ist da“ dann tatsächlich bis auf Platz 17 der Schweizer Charts und man kann nur hoffen, dass auch hierzulande eine ganze Menge Menschen auf den Geschmack kommen werden. Selbige können sich dann anschließend an ein ebenfalls sehr spannendes Album der beiden Fischermätteli-Member Migo (alias Frank Punk) und Iroas (a.k.a. Poul Soul) heranwagen. Die haben nämlich unter Mitwirkung des ebenfalls aus Bern stammenden Proudzenten Buzz auch schon im vergangenen Jahr ein Album aus dem Ärmel geschüttelt, das man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte. „Nachtblau“, das uns im klassischen Vinyl-Format vorliegt und einen exzellenten Klang vorzuweisen hat, ist dabei so etwas wie das düstere Gegenstück zur Fischermätteli-Scheibe. Schon das Intro strotzt nur so vor Atmosphäre und auch im weiteren Verlauf geht es immer wieder sehr nachdenklich zu. Es geht um Toleranz, um soziale Schieflagen und alles auf diesem Werk strotzt nur so vor Melancholie. Dieses düstere Werk sollte man sich definitiv mitten in der Nacht anhören. Diese elf Songs geleiten einen raus ins Dunkel und erzählen von einer Welt in der man immer ein Messer in der Tasche stecken hat, um nicht irgendwann selbst als Opfer der Umstände zu enden. Dieses Spiel, auch mit den Bedeutungsebenen, ist bemerkenswert und es macht Lust auf mehr von diesen Jungs, deren Backkatalog sich als echte Schattzkiste für Neueinsteiger entpuppen dürfte. Solch dringlicher und gleichsam dichter Musik haben wir jedenfalls schon lange nicht mehr lauschen dürfen und so lohnt sich in diesen Tagen für alle Rap-Fans ein Blick Richtung Bern. Was einem da in den vergangenen Jahren von den einzelnen Mitgliedern der Chaostruppe vor den Latz geknallt wurde, ist schlicht bemerkenswert. Eine Übersicht über alle Beteiligten und ihre Veröffentlichungen sowie zahlreiche Hintergrundinfos findet ihr unter https://www.chaostruppe.net/. Also viel Spaß beim Entdecken. Bis zu unseren nächsten Presswerken.
UND WAS NUN?