Sie hat Salz auf ihrer Haut.
Wenn sie sanft mit ihrer Zunge über ihre Lippen fährt, dann kann sie es schmecken. Das Salz. Ihre Augen sind geschlossen. Der Wind umspielt ihren Körper. Ihre braunen Locken tanzen im Rhythmus des Windes.
Dieser Duft, wie sehr hat sie ihn vermisst.
So lange ist es her, dass sie diesen Geruch in ihrer Nase hatte. Ihre Augen sind immer noch geschlossen. Sie traut sich kaum sie zu öffnen, zu sehen, dass sie wirklich hier ist, bereitet ihr auf eine ganz seltsame Art Angst.
Angst, sie öffnet die Augen und es ist nur ein Traum, zugegeben ein sehr lebendiger. Angst, die Augen zu öffnen und zu weinen. Zu weinen, weil sie wieder hier ist, zu weinen, weil nun alles von ihr abfallen kann. Zu weinen, weil es schön ist und sie weiß, das es alles heilen kann, alles wegspülen, neue Kraft geben.
Es, das ist das Meer.
Das Meer dessen sanfte Wellen nun ihre Füße umspielen. Sie kann den Sand unter ihren Füßen spüren, kleine Muscheln. Und wieder eine kleine Welle der den Sand zwischen ihre Zehen spült.
Diese Luft und ihr Geruch.
Der Wind der die kleinen Salzkristalle sanft auf ihre Haut trägt. Zimtfarbene zarte Haut. Die Augen immer noch geschlossen, doch da in ihren schönen dunklen Wimpern, sammelt sich eine Träne, ganz langsam, und vorsichtig, bis sie, ganz sanft auf ihre Wange fällt.
All die Zeit, all das Schlechte beginnt wie ein Film vor ihrem inneren Augen abzulaufen, jede Szene, berührt ihr geschundenes Herz. Schmerz und zugleich Erleichterung durchströmt sie.
Sie ist am Meer, an dem Ort, an dem sie sich Zuhause fühlt, der Ort der ihr helfen kann, nicht zu vergessen, aber weiterzuziehen, wie die Wellen, wie der Wind.
Alles ist im Fluss und alles bewegt sich in Wellen, manchmal sanft, manchmal stürmisch. All das, weiß sie. Doch oft macht es das nicht einfacher.
Die Träne fällt, ganz leise, sie fällt in den Sand. Sie versickert, als wäre sie nie da gewesen.
So ist es oft.
Sie lacht, sie lacht viel, sie hat ein bezauberndes Lachen, doch in ihr, tief in ihr, da ist ihr oft nicht zum Lachen. So wie sie lacht und keiner bemerkt, wie ihr Innerstes trauert, so verrinnt auch die Träne im Sand.
Ungesehen. Verschwiegen.
Immer noch steht sie da, sie hat sich nicht bewegt. Eine Windböe erfasst ihr Haar. Ihr Kopf ist leicht nach unten geneigt, die Augen geschlossen.
Die Böe wird stärker, er hebt ihr die Haare aus dem Gesicht. Schön sieht sie aus, wie ihr die Haare so wild aus dem Gesicht wehen und die Locken im Wind zappeln. Rein wirkt ihr Gesicht, eine Träne verfängt sich in ihrer Wimper.
Und doch, sieht sie so kraftvoll aus, als würde sie im Inneren, nur ihre Kräfte sammeln. Als würde sie die Kraft des Meerwindes in sich aufnehmen.
Sie sieht so zerbrechlich aus, wie eine kleine Ballerina.
Und doch, gleichzeitig so stark und kraftvoll. Sie breitet die Arme aus, langsam, erst nur ganz leicht, dann hebt sie sich hoch bis auf die Höhe ihrer Schultern.
Sie will ihn aufnehmen diesen Moment, in sich aufsaugen, das Meer, seinen Geruch, den Sand unter ihren Füßen, das Salz auf ihrem Körper.
Am liebsten würde sie für immer so stehen bleiben.
Es war eine harte Zeit.
Eine Zeit die ihre Spuren in ihr hinterlassen hat. Erinnerungen die noch eine Weile an ihr haften werden, länger als das Salz auf ihrer Haut.
Langsam beginnt sie sich zu drehen, ihre Füßen schweben über den Sand, die Arme ausgebreitet, tanzt sie, zu dem Rhythmus in ihrem Herzen. Dem säuseln des Windes. Ihr weißer Rock, dreht sich, weht leicht nach oben.
Ihre rot lackierten Füße tänzeln weiter über den Sand.
Ein Ring blitzt auf an ihrem Finger.
Sie öffnet ihre Augen.
Ihre rechte Hand gleitet nach unten. Kleine Hände hat sie. Ihre Finger schieben sich in den Sand. Sie nimmt eine Handvoll. Leicht feucht fühlt er sich an. Dann fährt sie mit ihrer linken Hand durch den Sand.
Sie dreht sich und lässt langsam den Sand zwischen ihren Finger hindurchgleiten.
Sie dreht sich im Kreis, der Sand wirbelt im Wind um sie herum. Als all der Sand zwischen ihren Finger verschwunden ist öffnet sie wieder die Augen.
Die Sonne, rot, groß und wärmend, verschmilzt am Horizont mit dem Meer.
Sie betrachtet ihre Hände, ihr Ring ist leicht bedeckt mit feinem Sandstaub. Lange sieht sie ihn an und denkt an das Versprechen, jenes Versprechen, dass sie sich selbst gab.
Vorsichtig wischt sie den Sand von dem großen Stein.
Ja, sie hat es sich versprochen, besser auf sich aufzupassen. Sich von niemandem mehr das Leben schwer machen zu lassen. Einen Moment lang blickt sie noch auf ihren Ring, dann schweift ihr Blick ab.
Rechts von ihr, ein paar Meter von ihr entfernt, liegt Cielo.
Den Kopf auf die schwarzen Pfoten gelegt und blickt sie an. Ganz ruhig atmet er, dreht den Kopf schief und schaut sie liebevoll an. Er ist voller Sand, auch er hat im Meer gespielt. Salz in seinem Fell. Ein sanfter Blick von ihr, liebevoll blickt sie ihn an.
Ihr treuer Freund. Ihr Seelentröster.
Lange hat er sie beobachtet, als ob er gewusst hat, dass er sie nicht stören soll. Er hat es gewusst. Langsam steht er auf, schüttelt sich und geht auf sie zu. Schmiegt sich an ihr Bein und an ihre Hand.
Sanft fährt sie ihm über den Kopf, ihre Finger gleiten durch sein Fell.
Ihr Ring blitzt zwischen seinem schwarzen Fell auf. Sie kniet nieder und umarmt ihn. Er legt seinen Kopf auf ihre Schulter.
So beschützend.
Sie steht auf, blickt noch einmal aufs Meer.
Sieht den roten Halbkreis im Meer versickern, sie atmet ein, schließt die Augen und atmet nochmals tief ein. Dann öffnet sie die Augen und geht den Stand entlang.
Sie hinterlässt Spuren, doch bei der nächsten Flut werden sie weg sein.
Als wäre sie nie hier gewesen.
Cielo folgt ihr, ohne Worte, er ist immer an ihrer Seite.
Lässt sie nicht alleine. Niemals.
Sie muss zurück.
Das Mädchen mit den dunklen Locken. Sie geht zurück, sie weiß, sie kann nicht hier bleiben.
Doch irgendwann,
irgendwann kommt sie zurück und eines Tages, ja eines Tages kann sie vielleicht bleiben….
….für immer.
//ella
UND WAS NUN?