// aufgelesen vol. (4)18 – „der große wunsch“

mit dem neuen Roman von Sherko Fatah. // „Der große Wunsch“ von Sherko Fatah ist ein dringliches Werk, das die Leser auf eine emotionale Achterbahnfahrt mitnimmt und zugleich wichtige politische und gesellschaftliche Fragen aufwirft. Diese packende Geschichte ist völlig zu Recht für den Deutschen Buchpreis 2023 nominiert. Sherko Fatah erzählt darin einfühlsam und gleichzeitig scharfsinnig […]

mit dem neuen Roman von Sherko Fatah.

// „Der große Wunsch“ von Sherko Fatah ist ein dringliches Werk, das die Leser auf eine emotionale Achterbahnfahrt mitnimmt und zugleich wichtige politische und gesellschaftliche Fragen aufwirft. Diese packende Geschichte ist völlig zu Recht für den Deutschen Buchpreis 2023 nominiert. Sherko Fatah erzählt darin einfühlsam und gleichzeitig scharfsinnig die zutiefst bewegende Geschichte einer Vater-Tochter-Beziehung vor dem Hintergrund der Konflikte im Nahen Osten, die längst auch Westeuropa erreicht haben. Die zentrale Frage des Romans lautet: Was tun, wenn die eigene Tochter in den Bann eines Glaubenskriegers gerät und nach Syrien reist, um ihn zu heiraten?

Der Protagonist, Murad, ist ein Vater, der sich selbst Vorwürfe macht und in einem schier endlosen Gedankenkarussell gefangen ist. Hätte er mehr über seine eigene Herkunft und Kultur gesprochen? Hätte er die Fremdheitsgefühle seiner Tochter ernster nehmen sollen? Diese Fragen nageln ihn fest und treiben ihn an, Naima zu finden, seine verschwundene Tochter. Die Reise, die Murad unternimmt, ist gefährlich und mit vielen persönlichen und politischen Risiken verbunden. Sie führt ihn ins Kurdengebiet an der türkisch-syrischen Grenze und konfrontiert ihn nicht nur mit der Suche nach Naima, sondern auch mit seiner eigenen Vergangenheit. Die Schleuser, die ihm bei seiner Suche helfen, präsentieren ein Audiotagebuch, das von einer Frau in Rakka aufgenommen wurde und höchstwahrscheinlich Naima gehört. Dies ist der Moment, in dem Murad eine mutige Entscheidung trifft: Er wird die gefährliche Reise in das Herrschaftsgebiet des Islamischen Staates antreten, um seine Tochter zu finden. Sherko Fatah beweist mit diesem Roman erneut sein außergewöhnliches schriftstellerisches Talent. Sein Schreibstil ist poetisch und tiefgründig, und er schafft es, die Leser in die Gedanken und Emotionen seiner Charaktere hineinzuziehen. Man leidet, hofft und bangt mit Murad, während er sich auf diese gefährliche Reise begibt. „Der große Wunsch“ ist nicht nur ein Roman über eine individuelle Vater-Tochter-Beziehung, sondern auch ein Spiegelbild der komplexen politischen und gesellschaftlichen Realitäten unserer Zeit. Sherko Fatah zeigt auf eindringliche Weise die Verbindung zwischen persönlichen Schicksalen und globalen Konflikten. Die Biografie des Autors, der in Ost- und Westdeutschland aufgewachsen ist und sich mit philosophischen und kulturellen Fragen beschäftigt hat, verleiht diesem Werk eine zusätzliche Dimension. Sherko Fatah gehört zweifellos zu den politisch hellsichtigsten deutschen Schriftstellern unserer Zeit. Also lest sein Werk. Bis zu unserer nächsten Leserunde.