mit den Werken „Omori“ und „Nezumi“ (Band 2).

// Die beiden Mangas Nezumi – Willst du mit mir morden gehen? von Riku Oseto und Omori von Omocat & Nui Konoito sind auf den ersten Blick sehr unterschiedlich, offenbaren bei genauerem Hinsehen aber überraschend viele Gemeinsamkeiten, insbesondere wenn es um psychologische Tiefe, komplexe Charaktere und emotionale Spannung geht. Beide Werke nutzen das Medium Manga, um innere Konflikte, moralische Fragen und emotionale Erfahrungen auf eindrucksvolle Weise zu vermitteln, zeigen dabei aber jeweils unterschiedliche Schwerpunkte und erzählerische Stile. Nezumi dreht sich um Ao, der wider Willen in die Welt der Auftragsmorde hineingezogen wird und vor Entscheidungen steht, die nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch das von anderen betreffen. Im Zentrum steht die Beziehung zwischen Ao und Nezumi – eine Verbindung, die Loyalität, Vertrauen und moralische Verantwortung immer wieder auf die Probe stellt.
Besonders stark fand ich, wie Oseto die innere Zerrissenheit der Figuren visuell transportiert: Panels, Perspektiven und der gezielte Einsatz von Licht und Schatten verstärken die Spannung und lassen die Leserinnen und Leser die Konflikte regelrecht miterleben. Jeder Blick, jede Handlung und jede Reaktion der Figuren wirkt bedeutungsvoll, sodass die moralische Spannung greifbar wird. Die düstere Atmosphäre, die bedrohliche Welt und die psychologische Intensität der Geschichte machen den Manga besonders fesselnd – man fühlt förmlich die Belastung, die auf Ao lastet, und die Konflikte zwischen Pflicht, Moral und persönlichen Gefühlen. Omori hingegen verfolgt einen ganz anderen Ansatz: Hier liegt der Fokus auf der emotionalen und psychologischen Entwicklung eines zurückgezogenen Teenagers, Sunny, der den Verlust seiner Schwester verarbeiten muss. Während Sunny in der realen Welt isoliert ist, begibt sich sein Traumwelt-Avatar Omori in eine surreal gestaltete Parallelwelt, die sowohl als Flucht als auch als Bühne für die Verarbeitung von Trauma, Angst und Schuld dient.

Ich fand es faszinierend, wie der Manga Videospiel-Mechaniken, Traumlogik und narrative Elemente geschickt kombiniert, um psychologische Prozesse greifbar zu machen. Die Wechsel zwischen Realität und Traumwelt erzeugen eine emotionale Intensität, die Leserinnen und Leser tief in Sunnys inneres Erleben eintauchen lässt. Die Figuren sind liebevoll und nuanciert gestaltet, ihre Ängste, Hoffnungen und Versuche, sich wieder mit der Welt zu verbinden, werden intensiv spürbar. Gerade diese Verschmelzung von surrealen Abenteuern und innerer Entwicklung macht Omori zu einem einzigartigen Erlebnis im Manga-Genre. Trotz der unterschiedlichen Themen und Erzählweisen haben beide Mangas einiges gemeinsam: Sie zeigen, wie Manga als Medium komplexe Charaktere und psychologische Tiefe darstellen kann, und wie Entscheidungen und Gefühle der Figuren die Leserinnen und Leser unmittelbar berühren. Nezumi erzeugt Spannung durch moralische Dilemmata und riskante Situationen, während Omori vor allem die emotionale Verarbeitung von Verlust, Isolation und Traumwelterfahrungen in den Vordergrund stellt. Beide Werke schaffen es, den Leser auf intensive Weise emotional einzubinden und gleichzeitig zum Nachdenken anzuregen – sei es über moralische Verantwortung, persönliche Grenzen oder den Umgang mit Verlust und Einsamkeit. Für mich ist besonders beeindruckend, dass beide Mangas trotz ihrer unterschiedlichen Herangehensweisen eine große Nähe zu den Figuren schaffen. Man fiebert mit, leidet mit, hofft mit und wird gleichzeitig dazu angeregt, über die Entscheidungen, Emotionen und Beziehungen der Charaktere nachzudenken. Wer Mangas liebt, die psychologische Tiefe, emotionale Reflexion und spannende Handlungsstränge vereinen, findet in Nezumi und Omori außergewöhnliche, packende Lektüren, die noch lange nach dem Umblättern der letzten Seite nachwirken.
UND WAS NUN?