// zuckerbeat vol. (2)30 – nächste station

All jene, die immer noch nicht so recht glauben mögen, dass es mit Kinderzimmer Productions wirklich schon vorbei sein soll, können sich jetzt ein fettes Trostpflaster auf die klaffende Wunder pressen. Unter dem Titel „Gegen der Strich“ erscheint nämlich in diesen Tagen tatsächlich ein imposanter Konzertmitschnitt mit dem ORF Radio-Symphonieorchester, welcher am 7. August des […]

kinderzimmerAll jene, die immer noch nicht so recht glauben mögen, dass es mit Kinderzimmer Productions wirklich schon vorbei sein soll, können sich jetzt ein fettes Trostpflaster auf die klaffende Wunder pressen. Unter dem Titel „Gegen der Strich“ erscheint nämlich in diesen Tagen tatsächlich ein imposanter Konzertmitschnitt mit dem ORF Radio-Symphonieorchester, welcher am 7. August des vergangenen Jahres eingespielt wurde. In diesem Zusammenhang kommt dann auch eine ähnliche Gänsehautatmosphäre auf, wie beim diesjährigen Auftritt der Phonesheads mit dem Philharmonischen Orchester Würzburg beim Hafensommer. Die vertrackten Rap-Klänge des Duos werden gekonnt von Streichern umspült, so dass man bei Songs wie „Der Durchbruch“ und „Wir sind da wo oben“ ist mal wieder seine Nackenmuskeln zu anspruchsvoller Rapmusik strapazieren darf. Darüber hinaus darf man sich auch noch über die neuen Songs „Sie kriegen uns nie“ und „Louis Vuittons Tattoo“ freuen, die den Klassikern in keiner Weise nachstehen. Fehlt eigentlich nur noch, dass die Jungs demnächst ein wirkliches Comeback-Album vorlegen. Der deutschen HipHop-Szene könnte nichts Besseres passieren.

modeselektor-monkeytownDie Kollegen von Modeselektor sind in der Zwischenzeit auf Stimmenfang gegangen und haben sich einen bunten Haufen Gaststars angelacht, die ihr aktuelles Album zu einem fulminanten Vergnügen geraten lassen. Auf der Scheibe geben sich illustre Musiker wie Miss Platnum, Otto von Schirach und das Anti Pop Consortium die Klinke in die Hand. Sogar Thom Yorke aus dem Hause Radiohead darf zweimal hinter dem Mikrofonständer Platz nehmen. Aus all dem kneten die Elektroniker schließlich eine homogene Masse zusammen, so dass man nie das Gefühl hat, hier einer losen Aneinanderreihung von Pop-Songs beizuwohnen. Es entsteht vielmehr ein schlüssiges Gesamtbild, der zeigt, wie man als elektronischer Act auch im Wohnzimmerkontext außerhalb des Clubs neue Freunde findet.

JUNE-toprint3.inddJulia Marcell hat sich für ihr neues Album ziemlich intensiv mit Rhythmik auseinander gesetzt. „June“ schubst einen eben deshalb trotz seiner bisweilen spärlichen Instrumentierung über die volle Distanz auf die Tanzfläche und stellt damit ganz locker den von Moses Schneider produzierten Vorgänger in den Schatten. Dynamisch arrangierte Tracks wie „Since“ und „Shhh“ rufen bisweilen schöne Erinnerungen an die Kolleginnen von Gustav und Sophie Hunger wach und machen deutlich, mit welch kreativer Künstlerin wir es hier zu tun haben. Wer sich schon immer gefragt hat, wie sich eine Kollabo zwischen Tune-Yards und den Kills anhören könnte, sollte unbedingt mal einen Durchlauf riskieren.

maria-taylorDas aktuelle Album von Maria Taylor, ihres Zeichens auch mit Kollegin Orenda Fink bei den Melancholikern von Azure Ray aktiv, zeichnet sich durch zurückgelehnte, über weite Strecken melancholische Pop-Klänge aus. Im Gegensatz zum Vorgänger kommt sie damit allerdings über die volle Distanz durch, weil sie immer wieder mit gelungenen Überraschungsmomenten um die Ecke biegt. Viele Songs auf „Overlook“ sind in diesem Zusammenhang auch mal wieder wie geschaffen, um in einschlägigen Vorabendserien der Marke „Grey´s Anatomy“ und „Scrubs“ für Gänsehautstimmung zu sorgen, was aber nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass Maria Taylor in textlicher Hinsicht zu den begnadetsten Künstlern des ehemaligen „Saddle Creek“-Kollektivs zählt.

stephaneWer sich gerne ein bisschen Honig ums Maul schmieren lässt, der sollte demnächst mal einen Abstecher ins „Hotel Costes“ absolvieren. Die neuste Zusammenstellung an imposanten Tracks von Stéphane Pompougnac unter gleichnamigem Banner besticht durch eine entspannte Atmosphäre, die einen dazu bringt, sich ganz tief in die Kuscheldecke einzuwickeln. Neben den beiden Neo-Soul-Pop-Auftakt-Knallern von Slackwax und Intergalactic Lovers trifft der geneigt Saint Etienne-Anhänger im Folgenden auch auf alte Bekannte wie Kid Loco Jürgen Paape. Wer auf zeitgenössische Chill-Out-Klänge steht, sollte mal einen Durchlauf riskieren.

new-lookWer sich nur zu gerne zum Sound der alten Herren aus dem Hause Eurythmics oder zeitgenössischen Vertretern a la Chromeo in der Sonne räkelt, der sollte sich mal die neuste Versuchung aus dem Hause K7!-Records zu Gemüte führen. New Look sorgen mit verhallten Elektro-Klängen und poppigen Melodien dafür, dass man sich kurzerhand zwanzig Jahre in der Zeit zurück transferiert fühlt. Am besten den nächsten Sonnenschirm schnappen und am Sandstrand für eine Welle der Begeisterung sorgen. Genauso klingt Wohlfühl-Pop für Fortgeschrittene.

fac_danceFac. Dance“ versammelt auf zwei pechschwarzen Silberlingen die besten 12-Mixes und Raritäten des Labels „Factory Records“ aus den Jahren 1980 bis 1987. Gespannt klickt man sich durch den breiten Output des renommierten Manchester Labels, welches sich unter anderem damit brüsten darf, die Kollegen von New Order vom Dunkel ins Blitzlicht gezerrt zu haben. Neben deren Track „Confusion“ finden sich außerdem zahlreiche Stücke von Section 25, Shark Vegas, Streetlife und The Hood auf den beiden Cds. Da sollte dann wirklich für jeden etwas dabei sein, der auf gehobene Elektro-Jazz und Funk-Unterhaltung steht.

exampleExample aus Großbritannien sorgt derweil mit einem knallbunten Mix aus Elektro, Rap und Pop-Anleihen für Feuer auf der Tanzfläche. Sein aktuelles Album „Playing In The Shadows“ zieht man sich am Besten über Kopfhörer rein und drückt die Volume-Regler weit nach oben. Die Scheibe knallt rein, wie Sylvesterraketen, hat aber auch genug überraschende Momente im Gepäck, um sich über zwölf Runden nicht tot zu laufen. Das liegt unter anderem an dem melancholischen Zwischentönen, die diesen Songs hier innewohnen. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.