// strichcode vol. 20 – „ich habe die hölle in meinem eigenen herzen erblickt“

mit den Bänden „Das Schwert“, „Nero“, „Existenzen und andere Abgründe“, Sin City, „Chew“ & „Die Traumfrau“. // Bereits in der letzten Ausgabe haben wir auf die zauberhafte Geschichte „Das Schwert“ hingewiesen, die auf charmante Weise so unterschiedliche Stilrichtungen wie Altertumssagen, Horror-Elemente. Teenie-Unterhaltung und Kampfsportanleihen miteinander verknüpft. Der Crossover von Joshua & Jonathan Luna erzählt die […]

mit den Bänden „Das Schwert“, „Nero“, „Existenzen und andere Abgründe“, Sin City, „Chew“ & „Die Traumfrau“.

dasschwert_2// Bereits in der letzten Ausgabe haben wir auf die zauberhafte Geschichte „Das Schwert“ hingewiesen, die auf charmante Weise so unterschiedliche Stilrichtungen wie Altertumssagen, Horror-Elemente. Teenie-Unterhaltung und Kampfsportanleihen miteinander verknüpft. Der Crossover von Joshua & Jonathan Luna erzählt die Geschichte eines alten Schwertes, welches vor knapp 4000 Jahren von vier gottgleichen Geschwistern zusammengeschustert wurde. Der Clou dabei: das Schwert ist das einzige Element, das ihnen selbst gefährlich werden kann.

Das wiederum ruft einen gewissen Demetrios auf den Plan, der sich das gute Stück mit List und Tücke unter den Nagel reißt und einen der vier Halbgötter tötet. Die anderen werden seitdem von ihm unterdrückt. Womit wir uns per Zeitraffer in die Gegenwart schubsen lassen. Da wird die Familie von Dana Brighton von drei Fremden ermordet, die jenes Schwert suchen. Es stellt sich heraus, dass Danas Vater ebenfalls auf den Namen Demetrios hört, was die Frage aufwirft: Ist er tatsächlich der Killer von einem der vier Geschwister? Dana, die dank des Schwertes plötzlich wieder laufen kann (und auch noch so einiges andere… vorher saß sie im Rollstuhl) begibt sich auf die Suche nach der Wahrheit… und blickt dabei in ihren ganz persönlichen Abgrund. „Wasser“ – der zweite Band der Saga nimmt sich viel Zeit, die einzelnen Charaktere mit mehr Tiefgang auszustatten. Die dunklen Farben illustrieren sehr gekonnt das drohende Unheil, welches der Protagonistin auf den Fersen ist. „Das Schwert“ ist unserer Meinung nach das Comic-Ereignis des Winters, weil es die zahlreichen Schlenker in unterschiedliche Genres nicht aus Gründen der Effekthascherei absolviert, sondern um die wohl durchdachte Story voran zu treiben. Wir können es deshalb kaum mehr erwarten, dass der dritte Band in die Läden kommt. Und halten euch diesbezüglich natürlich gerne auf dem Laufenden.

nero// Giuliano Nero ist Privatdetektiv. Einer von der Sorte, der sich regelrecht hineinversetzt in die Person, welcher er auf den Fersen ist. In diesem Zusammenhang verschwimmen immer mehr die Grenzen zwischen Gut und Böse. Und genau diesem Umstand ist es zu verdanken, dass die Comic-Reihe „Nero“ aus der Masse an kriminalistischen Veröffentlichungen heraussticht. In dem nun vorliegenden Sammelband, welcher bei „Ehapa Comic Collection“ erschienen ist, dreht sich alles um einen Serienkiller. Selbiger hat aufgrund seiner Mordlust den Spitznamen „Totengräber“ abbekommen. In drei Kapiteln namens „Das fünfte Opfer“, „Archangelsk“ und „Copy Killer“ bekommt man als Leser eine überraschende Wendung nach der anderen präsentiert, ohne dass es irgendwie unrealistisch anmuten würde. Ganz im Gegenteil: durch die zahlreichen Facetten der einzelnen Figuren gelingt es den drei italienischen Schöpfern Alex Crippa (Szenario), Andrea Mutti (Zeichnungen) und Angelo Bussacchini (Farben) ein äußerst glaubwürdiges Bild der einzelne Charaktere zu zeichnen. Der Spannungsbogen der Geschichte spitzt sich parallel dazu immer weiter zu, so dass man die 175 Seiten in nahezu einem Zug durchschmökert. Allein die Zeichnungen von Andrea Mutti erzeugen eine Gänsehaut beim Leser. Man muss nur in die Gesichter der einzelnen Akteure blicken und es läuft einem kalt den Rücken herunter. Wie das Katz-und-Maus-Spiel am Ende ausgeht, werden wir hier natürlich noch nicht verraten. Nur so viel sei gesagt: Es lohnt sich bis zuletzt bei der Stange zu bleiben. Auch deshalb, weil die Protagonisten am Ende nicht mehr dieselben sind wie zuvor. Wir wünschen spannende Unterhaltung.

existenzen// Alle Kurzgeschichten-Fans sollten in diesen Tagen mal wieder in der Manga-Abteilung herumstöbern und sich das aktuelle Werk von Yoshihiro Tatsumi zu Gemüte führen. „Existenzen und andere Abgründe“ versammelt dreizehn gelungene Kurzgeschichten aus der Feder Tatsumis, die sich allesamt mit dem Leid der Menschen auseinandersetzen. Seine Geschichten drehen sich um Mordversuche und Radrennen und strotzen in diesem Zusammenhang nur so vor persönlichen Dramen, die sich hinter betörenden Motiven verstecken. In diesem Zusammenhang lässt man sich nur zu gerne von den skurrilen Geschichten verführen, welche nun erstmals auch hierzulande erhältlich sind. Der Autor selbst erblickte 1935 das Licht der Welt. Mitte der 80er erschienen zahlreiche seiner Geschichten auf den Kulturseiten renommierter Magazine. Vom Zeichenstil und der Ästhetik her ähnelt sein Schaffen sehr stark dem von Jiro Taniguchi, wobei Tatsumi die Verkrüppelungen der menschlichen Seele seiner jeweiligen Protagonisten sehr viel konkreter ausleuchtet. Kein Wunder, dass er für seinen 850-Seiten-Band „Gegen den Strom – Eine Autobiografie in Bildern“ bereits vor zwei Jahren mit zwei Eisner-Awards ausgezeichnet wurde. Wer einen Blick auf die Abgründe in unseren Herzen werfen möchte, sollte sich diese Kurzgeschichtensammlung auf keinen Fall entgehen lassen. Sie fesselt einen von der ersten bis zur letzten Sekunde. Und man freut sich jetzt schon auf die Veröffentlichung von „Gegen den Strom“, welche vom „Carlsen“-Verlag bereits für den Mai 2012 angekündigt wurde.

sin-city-4// Nachdem die Originalbände der Reihe „Sin City“ ratz-fatz vergriffen waren, hat sich der „Cross Cult“-Verlag netterweise dazu entschlossen, eine überarbeitete Fassung der Comic-Bände zu veröffentlichen. Von Selbiger ist inzwischen auch der vierte Teil der Saga namens „Dieser fiese Bastard“ im edlen weißen Einband erschienen. Im Rahmen der Handlung setzt sich Schöpfer Frank Miller intensiv mit der Figur des Junior, Sohn eines berüchtigten Senators, auseinander. Der durchgeknallte Freak hat ein Faible für junge Mädchen, weshalb er die elfjährige Nancy entführt. John Hartigan, als Figur dürfte er hartgesottenen Fans bereits bekannt sein, kann das nicht akzeptieren und rettet die Kleine vor dem Verrückten. Als Quittung dafür landet er im Gefängnis. Das einzige, was ihn am Leben hält, ist der letzte Funken Menschlichkeit, der sich in Form von Nancys Dankbarkeit äußert. Der Ekel, den Hartigan gegenüber Junior empfindet, wird im Rahmen des Buches symbolisiert durch die Farbe „gelb“, welche sich erstmals in Millers „schwarzweißen“ Kosmos schleicht. Das sorgt nicht nur für einen A-Ha-Effekt beim Leser, das verleiht dem personifizierten Grauen nochmal eine völlig neue Dimension. Wir freuen uns deshalb jetzt schon auf die drei noch ausstehenden Bände, über die wir euch gerne auch weiterhin auf dem Laufenden halten. Wer „Sin City“ noch nicht im Regal stehen hat, sollte jetzt zugreifen. Eine solch edle Edition bekommt man nicht alle Tage vor den Latz geknallt.

chew// Vor allem der zweite Band der ausgezeichneten Comic-Reihe „Chew“ von Zeichner Rob Guillory und Texter John Layman war ein ganz großer Spaß für alle Fans von intelligent gemachter Kriminal-Satire. Nun steht der dritte Teil der Geschichte um den geruchsempfindsamen Ermittler in den Regalen und macht genau dort weiter, wo der Vorgänger aufgehört hat. Im Rahmen der Geschichte muss sich Tony Chu diesmal mit seinem Ex-Partner auseinander setzen. Der schmiedet Rachepläne gegen die FDA und kommt deshalb auch nicht drum herum, sich mit seinem ehemaligen Partner zum großen Showdown zu verabreden. Die Reihe, die 2010 und 2011 mit dem Eisner-Award als „Beste neue Serie“ und „Beste Serie“ ausgezeichnet wurde, gerät in diesem Zusammenhang fast zu einer Art Western. Auch Fans des Psychoduells im Rahmen der vierten Staffel von „Breaking Bad“ dürften auf ihre Kosten kommen. „Eiskalt serviert“ liefert neben den zahlreichen schrägen Passagen auch eine packende Geschichte, die das ganze Projekt nochmal auf ein ganz neues Niveau hievt. Alle Fans der bereits vorliegenden Bände werden deshalb hocherfreut sein, mitzuerleben, wie das perfekte Leben des sympathischen Ermittlers Stück für Stück in die Brüche zu gehen scheint. Zudem sei für Tarantino-Fans noch angemerkt: es sind zwei sympathische Seitenhiebe auf „Pulp Fiction“ und „Reservoir Dogs“ in dem Comic versteckt. Welche das sind? Es lohnt sich sehr das selbst herauszufinden.

traumfrau// Eine genre-typische aber dennoch gewitzte Ausnahme von der Manga-Stangenware, welche die Regale der Buchhandlungen seit geraumer Zeit flutet, bildet die Comic-Reihe „Die Traumfrau“, deren erster Band nun bei „Planet Manga“ (aus dem Hause „Panini Comics“) erschienen ist. Die verrückte Geschichte dreht sich um den 20jährigen Tsutomu, welcher der Frau seiner Träume begegnet. Das wiederum ist im wahrsten Sinne des Wortes so gemeint: Die junge Dame entstammt nämlich wirklich einem feuchten Traum des Studierenden und entpuppt sich im wirklichen Leben als wesentlich widerspenstiger als das himmlische Geschöpf in Tsutomus Vorstellung. Ryuta Amazume gelingt es, die zahlreichen, klischeehaften Passagen mit einer gehörigen Portion Witz und Charme zu kontern und ringt dem Leser auf diese Weise immer wieder ein Schmunzeln ab. Wer sich also von dem klischeehaften Artwork nicht abschrecken lässt, kann hier durchaus eine liebenswerte und humorvolle Geschichte für sich entdecken, welche die Vorschusslorbeeren hoffentlich mit den weiteren Bänden zu bestätigen weiß. Wir halten euch diesbezüglich natürlich auf dem Laufenden und verabschieden uns für heute. Bis zum nächsten Strichcode.