// zuckerbeat vol. (2)50 – stay useless

mit neuer Musik von Soap & Skin, Toni Kater, Gisbert zu Knyphausen & Band, Blutjungs, Cloud Nothings, Retisonic, First Aid Kit & Band Of Skulls. // Die Erwartungen bezüglich des Nachfolge-Albums aus dem Hause Soap & Skin sind grenzenlos gewesen. Das Debüt-Album der Pop-Poetin punktete mit betörenden Songs, die immer wieder mit schrägen Einfällen beim […]

mit neuer Musik von Soap & Skin, Toni Kater, Gisbert zu Knyphausen & Band, Blutjungs, Cloud Nothings, Retisonic, First Aid Kit & Band Of Skulls.

soapskin// Die Erwartungen bezüglich des Nachfolge-Albums aus dem Hause Soap & Skin sind grenzenlos gewesen. Das Debüt-Album der Pop-Poetin punktete mit betörenden Songs, die immer wieder mit schrägen Einfällen beim Indie-Publikum punkteten. Bisweilen konnte eine gewisse Nähe zum Schaffen der Kollegin aus dem Hause Gustav ausgemacht werden, darüber hinaus aber bestach die Musik der Liedermacherin durch ihre nahezu gespenstische Atmosphäre. Diese wiederum ist auch auf ihrem zweiten Album präsent und sorgt für beklemmende Momente abseits gängiger Pop-Schemata. Auf „Narrow“ findet sich Musik, die klingt, als wäre sie von einem großen Orchester eingespielt worden. Zärtliche Melodien umschmeicheln einen, werden dann aber immer wieder mit harten Brüchen kontrastiert. Gerade mal acht Songs haben es auf die Platte geschafft, die aber haben es in sich. Am Ende fühlt man sich so richtig schön durchgerüttelt und möchte sich von Soap & Skin sofort zu einer weiteren Runde dieser turbulenten Achterbahnfahrt einladen lassen.

tonikater// Von Toni Kater haben wir schon seit Langem nichts mehr gehört. Die sympathische, junge Liedermacherin hatte vor ein paar Jahren mal eine kleine Pop-Perle namens „Wo bist du“ aus dem Ärmel geschüttelt, welche vor allem Fans der Gruppe 2Raumwohnung gefallen haben dürfte. Mit ihrem dritten Longplayer „Sie fiel vom Himmel“ nimmt sie nun den Ball wieder auf, den sie auf ihrem düsteren Album Nummer Zwei („Futter“) gegen die Häuserwand geballert hat. Bemerkenswert daran ist unter anderem, dass sie Rudolph Moser von den Einstürzenden Neubauten für die Produktion des Album gewinnen konnte. Der haucht den kargen Liedermacher-Pop-Klängen eine gehörige Portion Tiefgang ein. Und wenn dann auch noch ein Piano auf sanften Pfoten um einen herumtapst, ist man auf einmal Feuer und Flamme für diese Platte. Wer bei einem Song wie „Krass“ keine Gänsehaut bekommt, der hat seine Gefühle schon lange hinter einer Schicht aus Schminke verscharrt. Und jetzt alle: „Mancher Tag ist einfach nur krass…“ Wirklich „himmlisch“, dieses Werk.

gisbert// All jene, die sich vor kurzem den Auftritt von Gisbert zu Knyphausen in der Posthalle reingezogen haben, werden hocherfreut sein, dass just in diesen Tagen ein kleines, aber feines Live-Album des Musikers erscheint. Im Gegensatz zur rockigen Würzburger Show, geht es auf „Live im Konzerthaus Dortmund“ ziemlich ruhig zu. Gisbert zu Knyphausen & Band spielen ein Akustik-Set, das den Songs nochmal völlig neue Facetten abgewinnt. Mit Glockenspiel, Piano, Banjo und Trompeten bewaffnet wird der begeisterte Anhang um den kleinen Finger gewickelt und es bewahrheitet sich mal wieder, dass der Protagonist ein wirklich begnadeter Live-Künstler ist. Ob „Erwischt“, „Grau, Grau, Grau“ oder „Dreh dich nicht um“ – die größten Hits haben es allesamt auf den neuen Silberling geschafft und mit dem betörenden „Nichts als Gespenster“ wird der hocherfreute Zuhörer in die kalte Welt da draußen zurück entlassen. Noch Stunden später, wenn er durch die Straßenschluchten der Stadt wandelt und von den Straßenlaternen schimmerndes Licht herabregnet, schwirren einem diese Melodien im Kopfen herum. Gisbert zu Knyphausen, wir verneigen uns vor diesen Klängen.

blutjungs// Bei der Gelegenheit möchten wir euch gleich noch auf ein schon etwas älteres Album einer ganz wunderbaren Splatter-Punk-Band aus Aschaffenburg hinweisen. Die Blutjungs sind ein gefundenes Fressen für jeden Ärzte-Fan und haben auf ihrem 2005er Album „Alarm für Riegel 7“ vierzehn bitterböse Punk-Perlen der Marke „Meine psychisch gestörte Freundin“ und „Wunder der Schwerkraft (Das Katzenwegwerflied)“ versammelt. Die düsteren Passagen sind auf dem dritten Werk zwar spärlich gesäht – ganz im Gegensatz zum blutrünstigen Debütalbum „Kinderteller“ und dem experimentierfreudigen Nachfolger „Beiss mich, Baby“-, dafür ist die Hitdichte auf „Alarm für Riegel 7“ umso höher. Mit den Punkkrachern „Sie teillt ihre Drogen mit mir“, „Struppi“ und „Glastisch“ haben es einige der besten Songs der Blutjungs-Bandhistorie auf dieses Album geschafft und im Opener „Das Monster aus der grünen Lagune“ kommen dann doch noch alle Splatter-Fans auf ihre Kosten. Wer jetzt neugierig geworden ist, sollte sich mal eine der Live-Shows der Jungs zu Gemüte führen. Die Blutjungs stehen am 10. März in der „Halle 115“ in Wertheim und am 17. März im Würzburger „Bechtolsheimer Hof“ auf der Bühne. Hingehen lohnt sich.

cloud-nothings// Und es rummst ganz schön auf dem aktuellen Album von Cloud Nothings. Der getragene Opener erinnert an die ersten Gehversuche von Nirvana, bevor dann mit „Wasted Days“ ein achtminütiges Feuerwerk an Ideen gezündet wird. Mit „Fall In“ wird dann der potenzielle „Indie-Disco“-Hit aus dem Hemdsärmel gekramt und „Stay Unless“ vermittelt ein Gefühl dafür, wie das dritte Album der Strokes hätte klingen können, wenn die Jungs die Eier gehabt hätte, ihren Faible für rockige Klänge vollends nachzugeben. „Attack On Memory“, das aktuelle Album des Rocktrios aus Ohio, ist ein formvollendetes Meisterwerk, das lediglich aus acht Songs besteht… es wurde von niemand Geringerem produziert als Steve Albini und zeigt eine Band, die ihr kreatives Potenzial voll ausschöpft. Dagegen schmeckt selbst das gelungene, aktuelle Album der Foo Fighters wie kalter Kaffee. Wer sich seit Jahren fragt, wann es endlich zum lange angekündigten Grunge-Revival kommt. Jetzt könnte es soweit sein.

ARR038_RETISONIC_CDsleeve_rev.indd// Derzeit wird man ja regelrecht überhäuft mit Post-Rock-Bands, die sich anschicken, den üblichen Verdächtigen des Genres das Wasser abzugraben. Retisonic dürften in diesem Zusammenhang all jenen gefallen, die bereits am Output von Queens Of The Stone Age ihre helle Freude hatten. Das Album „Robots Fucking“, welches in diesen Tagen bei „Arctic Rodeo Recordings“ erscheint, strotzt nur so vor Genickbrechern. Schon zum Sound des Openers „Bee-Stung Lips“ möchte man mit einem verdreckten Jeep durch eine endlose Wüstenlandschaft brettern. Nachdem sich die Band in den letzten Jahren in musikalischer Hinsicht ziemlich rar machte, dürfte manch einer vor Glück im Kreis springen, wenn ihn die Nachricht ereilt, dass nun zwölf neuen Songs von Retisonic aus den Boxen poltern. In diesem Zusammenhang möchten wir auch darauf hinweisen, dass am Tag der Veröffentlichung ebenfalls eine Vinyl-Version der Scheibe erscheint, bei dir die CD-Version mit drin steckt. Da lohnt sich die Anschaffung gleich im doppelten Sinne.

firstaidkit// Die Söderberg Schwester haben in der Zwischenzeit auch schon wieder zehn neue Songs aus dem Ärmel gekramt. Die Tracks auf dem aktuellen Album „The Lion´s Roar“ punkten mit einer erhöhten Portion Pop-Appeal und dürften aufgrund der einzelnen entrückten Passagen auch bei „Saddle Creek“-Fans für Anklang sorgen. Conor Oberst meldet sich auf dem Track „King Of The World“ zusammen mit den Felice Brothers sogar höchstpersönlich zu Wort und sorgt für einen krönenden Abschluss dieses Werkes, das sich jeder Fan zeitgenössischer „Americana“-Klänge unbedingt zu Gemüte führen sollte. Auf der „Limited Edition“ finden sich neben den zehn regulären Songs auch noch sechs Live-Aufnahmen früherer Tracks, die schon für sich allein genommen die Anschaffung rechtfertigen. Mit diesen Songs dürfte es sehr schwer werden, die Band bald noch im intimen Ambiente eines Clubs live erleben zu dürfen. Die neuen Songs von First Aid Kit schreien geradezu nach einer großen Inszenierung.

bandofskullssweet// In den Sound der Skellet-Rocker von Band Of Skulls haben wir uns bereits auf dem gefeierten Vorgänger verliebt. Nun liegt der Nachfolger vor und die Band entschließt sich noch ein bißchen morbider an die ganze Geschichte heranzugehen. Die zehn Tracks auf „Sweet Sour“ strahlen einen entrückten Charme aus und bewegen sich im Grenzgebiet von Nick Cave, Kings Of Leon und Wolfmother. Das Pendeln zwischen den Extremen sorgt dafür, dass man spätesten bei dem Song „Wanderluster“ headbangend auf dem Sofa sitzt und mit zahllosen Kissen um sich schmeisst. Kontrastiert wird das Ganze von zärtlichen Tracks der Marke „Hometowns“ und „Close To Nowhere“, die schöne Erinnerungen an die Frühphase der Kills wachrufen. Wer sich mal wieder richtige dreckige Rockplatte mit nostalgischem Flair reinziehen möchte und sich bereits an den letzten beiden Soundtracks zur TV-Serie „True Blood“ ergötzte, sollte unbedingt mal reinhören. Es lohnt sich. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.