// strichcode vol. 2 – „ich schreibe, um mich in worten zu bewegen“

Wer ein gewisses Faible für Indie-Komödien der Marke American Splendor mitbringt, könnte in „The Beats“ die passende Herbstlektüre für sich entdecken. In der Graphic Novel (herausgegeben von Paul Buhle und Harvey Pekar, der leider vor kurzem verstarb) dreht sich alles um Sex, Drogen und das Gefühl sich zunehmend von der Welt zu entfremden. Das Buch […]

beats_titel_3.inddWer ein gewisses Faible für Indie-Komödien der Marke American Splendor mitbringt, könnte in „The Beats“ die passende Herbstlektüre für sich entdecken. In der Graphic Novel (herausgegeben von Paul Buhle und Harvey Pekar, der leider vor kurzem verstarb) dreht sich alles um Sex, Drogen und das Gefühl sich zunehmend von der Welt zu entfremden. Das Buch setzt sich in diversen Comic-Strips mit den Protagonisten der Beatniks-Szene auseinander. Allen Ginsberg, William S. Burroughs und Jack Kerouac wird ausführlich Platz eingeräumt, die schwarz-weißen Illustrationen erzählen auf spielerische Weise die Geschichte einer Generation. Die Zeichner Ed Piskor, Jeffrey Lewis, Jay Kinney, Nick Thorkelson, Peter Kuper, Anne Timmons, Summer McClinton, Gary Dumm, Lance Tooks und Jerome Neukirch leisten ganze Arbeit, hin und wieder allerdings funktioniert dieses Sammelsurium an Geschichten eher wie ein Fachbuch, da viele Zeichner lediglich die Illustrationen zu den Lebenswegen der Protagonisten liefern. Das wiederum stört das Gesamtbild nur geringfügig, da sich die Geschichten allesamt flüssig lesen. Hin und wieder schimmert auch ein wenig Kritik durch, wenn es um den einen oder anderen diskussionswürdigen Künstler geht, alles in allem beschränkt sich The Beats aber vor allem darauf, ein möglichst umfassendes Gesamtbild der Szene zu kreieren. Wer sich für Beat-Literatur (für die, die es nicht wissen: der Begriff umfasst im weitesten Sinne zeitgenössische Literatur nach dem zweiten Weltkrieg, die von Autoren verfasst wurde, die eher unkonventionelle Ansätze in Sachen Literatur und Sprache, bzw. in ihren Geschichten verfolgten), der sollte sich diese Novelle hier auf keinen Fall entgehen lassen. Für alle anderen bietet sie die Möglichkeit in das breite, aber vor allem spannende Universum der „Beat Generation“ einzutauchen.

hellboy5Unser werter Sprücheklopfer aus der Hölle beglückt uns hinterher mit einer ganzen Reihe weiterer Geschichten aus seinem reichen Fundus in Sachen Monsterjagd. Auch in Band fünf macht sich Hellboy wieder dazu auf, diverse Kurzgeschichten zu durchschreiten. Der Titel des Bandes („Die Rechte Hand des Schicksals“) bezieht sich in diesem Zusammenhang auf Hellboys schicke Faust, die ihm von einem gewissen Dunstan entrissen werden soll. Darüber hinaus bekommt er es noch mit einem enthaupteten König und einigen Vampiren zu tun, die ihn letztlich zu einem blutrünstigen Obermacker geleiten. Die Kurzgeschichten (welche leider immer viel zu schnell vorbei sind) werden aber locker flockig übertroffen von Band 6 („Sieger Wurm“), hellboy6das sich ausschweifend mit einer Raumkapsel der Nationalsozialisten auseinandersetzt, die nach 60 Jahren wieder auf die Erde plumpst. Hellboy schlägt sich an der Absturzstelle durch ein regelrechtes Kabinett des Grauens und darf dabei zahlreiche Geister, Gorillas, Neonazis und einen monströsen Wurm (bzw. eine Raupe) verhauen, welche die Auslöschung der Menschheit zum Ziel hat. Dass er dabei auch mal ins Hintertreffen gerät, erhöht die Spannung, noch dazu wird einem Agenten eine Bombe eingepflanzt, was für unseren Mordskerl von Protagonisten ein echtes Dilemma darstellt. Muss er ihn jetzt umbringen? Wie er sich letztlich entscheidet und dieses (von allen Bänden bisher packendste) Buch der Reihe endet, solltest du dir nicht entgehen lassen, noch dazu, weil dem Band auch noch ein Vorwort von Regisseur Guillermo del Toro bereit hält, der Hellboy bereits zweimal kongenial auf die große Leinwand schubste.

welt-von-lucieWer auf Paranormales steht, sollte derweil mal eine gelungene Neuveröffentlichung aus dem „Splitter“-Verlag anteasen. „Die Welt von Lucie“ ist vor allem deshalb so interessant, weil hier ein klassischer Krimi mit übersinnlichen Momenten aufgemotzt wird. Die Geschichte nimmt Bezug auf den Irrsinn, den wir Gegenwart schimpfen. Ein Terroranschlag geschieht, ein Mädchen überlebt, zwei Ermittler versuchen die Kleine zum Reden zu bringen. Weil das nicht so recht funktioniert, sind die beiden Beamten darüber hinaus mit übersinnlichen Fähigkeiten ausgestattet, mit denen sie die Gedankenwelt der Überlebenden namens Margret Schritt für Schritt durchforsten. Was Lucie (die mitten im Buch plötzlich stillschweigend auf der Bildfläche auftaucht) mit dem Ganzen zu tun hat, darüber lässt das Buch den Leser sehr lange im Ungewissen. Überhaupt spielt der erste Teil des Romans namens „Und warum nicht die Hölle…“ immer wieder mir der Neugier des Bücherwurms, der gerade zu Beginn auch etwas Geduld aufbringen muss, weil sich die beiden Schöpfer Kris und Guillaume Martinez sehr viel Zeit nehmen, um ihre Geschichte voranzutreiben. Gegen Ende des Comics überschlagen sich dann die Ereignisse, alles in allem werden dabei aber viel mehr Fragen aufgeworfen, als beantwortet, was dann wiederum an TV-Serien der Marke „X-Files“ oder „Lost“ erinnert. Wer auf komplexe Comic-Kost steht, sollte unbedingt mal rein schnuppern. Da der Comic bisher auch im Original noch nicht abgeschlossen ist, lohnt es sich sicher etwas Geduld mitzubringen. Wir werden euch beim Strichcode auf jeden Fall weiter auf dem Laufenden halten, wie es so weitergeht in der „Welt von Lucie“.

haarmann_coverWer auf Serienmördergeschichten steht, sollte sich mal die Graphic Novel „Haarmann“ von Peer Meter & Isabel Kreitz zu Gemüte führen. Die Geschichte spielt im Hannover des Jahres 1924. Überall verschwinden Menschen. Angst kommt auf. Angst vor dem Unbekannten. Nach und nach setzen sich die einzelnen Puzzleteile zusammen (und ich meine nicht nur in Sachen Körperteile). Wie Meter und Kreitz hier die Geschichte des deutschen Serienkillers nachzeichnen, zieht einen sofort in einen Strudel der Emotionen. Der Zeitgeist der 20er wird treffend in Szene gesetzt durch schwarz-weiße Illustrationen, die jeden Fan von klassischen Detektiv-Geschichten der Marke Sherlock Holmes mit der Zunge schnalzen lassen. Die Dialogdichte hält sich zudem in Grenzen, lässt viel Raum für Spekulationen und das Ende wirkt deshalb nur umso verstörender. Es wirft die bange Frage auf, wer hier eigentlich auf welcher Seite steht. Wer ist gut, wer ist böse und wer verdammt noch mal hat in diesem Theaterstück, das sich Leben nennt, die Grenzen verwischt. „Haarmann“ lotet die Grenzen der menschlichen Existenz aus. Die Geschichte des Serienmörders wirft Fragen auf. Umso wichtiger ist es die Geschichte des Killers im Deckmantel seiner Uniform noch mal aufs Neue „nachzuzeichnen“.

hack_slash_2Wer zwischendurch mal etwas Spaß am Blutrünstigen haben möchte, sollte sich den zweiten Teil der Splatter-Homage „Hack/Slash“ nach Hause holen. Passende betitelt mit „Tödliche Fortsetzung“ wird mal wieder ein Genre-Hit nach dem Nächsten durch den Kakao gezogen. Kein Wunder, dass die Reihe anno 2007 den VIRUS-Award für den „Besten Comic des Jahres“ absahnte. Das mörderische Mörder-Duo Cassie Hack und Vlad reist diesmal ins „Land der verlorenen Spielsachen“ und muss sich dabei zahlreichen Kuscheltieren entledigen. Stephen King und die Gremlins lassen also grüßen. Darüber hinaus bekommt dann auch noch eine Firma für Kosmetik ihr fett weg, was durchaus als gelungene Kritik am Schönheitswahn unserer Gesellschaft verstanden werden darf. Als Bonus gibt es derweil noch sechs augenzwinkernde „Trailer“ obendrauf, die unter anderem den „weißen Hai“ persiflieren. Diesem Band der Reihe wurde derweil bereits von zahlreichen Seiten angekreidet, dass der Zeichenstil der Geschichten bisweilen stark differiert, ich muss zugeben, dass das bei mir eher den Fun-Faktor erhöht. Hostel und Resident Evil kann man ja schließlich auch nicht in einen Topf werfen. Dementsprechend für mich im direkten Vergleich mit Band 1 der gelungenere Comic. Und wir sind jetzt schon gespannt, welche Killer demnächst noch von Cassie und Vlad verwurstet werden.

diepackardgangmid1Die grafische Novelle „Die Packard Gang“ des französischen Zeichners Marc Malés führt derweil vor Augen, wie man einen Comic-Band in Szene setzen sollte, damit er auch für Erwachsenen funktioniert. Die Story ist im „Film Noir“-Bereich angesiedelt und umkreist eine Gruppe von Bankräubern, welche die örtliche Polizei ganz ordentlich auf trab hält. Wie der örtliche Inspektor hier fortwährend das bürgerliche Leben des Protagonisten John Foster infiltriert und versucht, dessen Fassade zu zerschmettern, erinnert in Sachen Atmosphäre an Film-Klassiker, wie „Citizen Kane“. Das Schattenspiel im Buch beeindruckt auch deshalb so sehr, weil es sich im übertragenen Sinne auch auf die Story des Buches übertragen lässt. Soll heißen: Hier passt einfach alles zusammen und auch wenn die Detektivgeschichte bisweilen etwas dialog-lastig geraten ist und mit zahlreichen Zitaten durchsetzt ist, bemerkenswert ist es schon, wie sich die Geschehnisse in den Gesichtszügen der Betroffenen wieder spiegeln, ohne dass Malés dabei das Gefühl für die Charaktere abhanden kommt. Am Ende hat man das Gefühl, es hätte sich nicht nur in storytechnischer, sondern auch in graphischer Hinsicht etwas verändert. Der Autor hat alles richtig gemacht. Er bricht hin und wieder mit den Regeln des Genres, wenn dies nötig scheint und erschafft auf diese Weise tiefgründige Charaktere, die sich nicht so einfach in die Karten schauen lassen. Alles in allem ist „Die Packard Gang“ eine spannende Graphic-Novel, die ihre Leser bis zum bitteren Ende bei der Stange bleibt.

bob_dylan_revisited-delcourtErst vor kurzem wurde in dem Film „I´m Not There“ treffend die Geschichte von Bob Dylan in Szene gesetzt, der ja von sich aus nicht sonderlich gern über sein eigenes, irdisches Dasein plaudert. Bob Dylan ist zwar ein Geschichtenerzähler, aber aus sich selbst hat er immer ein großes Geheimnis gemacht. Es sollten seine Songs sein, die zu den Menschen sprechen, nicht die Person Bob Dylan, eben deshalb wurden nun auch dreizehn Songs des Musikers von illustren Zeichnern, wie Thierry Murat und Nicolas Nemiri in Szene gesetzt. Der Sammelband „Bob Dylan Revisited“ versammelt die bekanntesten Gassenhauer des Künstlers von „Knockin´ On Heavens Door“ bis „Like A Rolling Stone“ und gibt den Songs ein Gesicht. Von den Original-Texten wagen sich dabei nur die wenigsten Zeichner weg, ist ja auch ziemlich gewagt, schließlich könnte man mit einer allzu offenen Interpretation dem Künstler selbst auf den Schlips treten. Dass Dylan das womöglich gefallen hätte, sei hier mal dahingestellt, denn unabhängig davon kann man diese dreizehn Kurzgeschichten auch in der hier vorliegenden Form genießen. Die unterschiedlichen Ansätze der Comiczeichner sorgen für Abwechslung und sind auch noch mit zahlreichen Seitenhieben auf die Popkultur gespickt (auch abseits Dylans, so erinnert Dave McKeans Interpretation von „Desolation Row“ immer wieder an Tim Burton). Alles in allem ein gefundenes Fressen nicht nur für Dylan-Fans, sondern für alle, die einfach auf gute Geschichten stehen. der-schimpansenkomplex-01-paradoxon-bd-1-13448875

Der Schimpansenkomplex“ von Autor Richard Marazano und Zeichner Jean-Michel Ponzio ist derweil eine großformatige Science-Fiction-Novelle, die sich um eine olle Weltraumkapsel dreht, die im Jahre 2035 in den indischen Ozean plumpst. Einzigartig ist daran vor allem der Zeichenstil, der bisweilen anmutet, als hätte hier jemand reale Fotos im Stile von einem Streifen, wie „A Scanner Darkly“ nachgezeichnet. Inhaltlich ist der Comic mehr Krimi als Weltraum-Abenteuer. Der bemannten Raumkapsel entsteigen nämlich Neil Armstrong und Buzz Aldrin, die nach den Gesetzen der Physik eigentlich gar nicht an Bord seinen dürften. Eben deshalb setzt man im ersten Band „Paradoxon“ eine gewisse Helen Freeman auf das mysteriöse Treiben an, um den nebulösen Geschehnissen auf den Grund zu gehen. Der Comic beschränkt sich diesbezüglich allerdings nicht auf die Geschichte um die Raumkapsel (im Rahmen derer die beiden Schöpfer auch zahlreiche Fragen zu Armstrongs Mondmission thematisieren), sondern dringt tief ins Privatleben der Protagonistin ein, was schon alleine Stoff für zahlreiche Bände liefern sollte. Das Verhältnis zur Mutter wird derweil schon zu Beginn der Mission als beinahe zerrüttet dargestellt. Insgesamt kann man den Schimpansenkomplex deshalb nicht nur Sci-Fi-Anhängern, sondern auch Drama- und Krimi-Freunden bedenkenlos ans Herz legen.

rgWer auf gute Krimi-Unterhaltung steht, sollte zum Abschluss in die französische Comic-Reihe „RG“ rein schnüffeln. Das Kürzel steht für den Nachrichtendienst der französischen Gendarmerie und liefert allerhand Stoff für illustre Krimi-Unterhaltung abseits der gängigen TV-Formate, die man hierzulande im wöchentlichen Rhythmus vor den Latz geknallt bekommt. Im ersten Band „Riad an der See“ dreht sich alles um das Thema Schmuggel, doch gerade als das Teil schon wieder zu Ende ist, wird’s erst richtig spannend. Nachdem unserem werten Protagonisten der Fall entzogen wurde, weil er sich etwas zu tief in die Arbeit reinkniet, was gewissen Individuen in seiner Einheit wiederum gar nicht so gern sehen, weil Selbige in dieser Hinsicht auch ziemlich viel Dreck am Stecken haben, wird man als Leser schon wieder aus der Geschichte entlassen. Trotzdem lässt das offene Ende und die Darstellung von Polizist Pierre Dragon, der vor Ecken und Kanten nur so strotzt, reichlich Potenzial erkennen. Man spürt: „RG“ ist langfristig konzipiert. Ob das verantwortliche Duo Pierre Dragon & Frederik Peeters das Niveau diesbezüglich noch zu steigern vermag… wir halten euch auf dem Laufenden. Für sich allein genommen, hinterlässt Teil 1 den Leser mit dem Gefühl, lediglich das Bruchstück eines großen Puzzels in den Händen zu halten. Wir sind gespannt, wies weitergeht. Und wünschen euch viel Spaß beim herbstlichen Nachschmökern. Bis zum nächsten Strichcode.