mit dem Werk „Im Land der Wölfe“ von Elsa Koester.
// Elsa Koester, die bereits mit ihrem Debütroman „Couscous mit Zimt“ gezeigt hat, dass sie eine scharfe Beobachterin und eine kraftvolle Erzählerin ist, meldet sich in diesen Tagen zurück mit ihrem neuesten Streich „Im Land der Wölfe“ – und das Buch trifft voll ins Schwarze. Es ist aktuell, es ist politisch, und es geht unter die Haut. Also, setzt euch hin und schnallt euch an, denn das hier ist eine literarische Achterbahnfahrt, die euch direkt ins Herz des heutigen Ostdeutschlands führt. Die Story beginnt mit Nana, einer Frau, die ihren Weg nach Grenzlitz findet – ein fiktives Städtchen irgendwo am Rand von Sachsen, am Rand von Deutschland, wenn man es genau nimmt… am Rand der Republik. Hier soll sie dabei helfen, die Wahl eines rechten Oberbürgermeisters zu verhindern. Nana hat noch nie einen Fuß nach Sachsen gesetzt, doch jetzt steckt sie mittendrin in einer Stadt, die vom Wahlkampf regelrecht elektrisiert ist – oder besser gesagt, vergiftet.
Schon die ersten Zeilen des Werks packen dich bei der Kehle: „Jedenfalls bin ich jetzt hier, das solltest du wissen, damit es überhaupt jemand weiß.“ Diese Worte, mit denen das Buch beginnt, sind wie eine auf einen Finder wartende Nachricht in einer Flaschenpost, die ans Ufer unserer Aufmerksamkeit gespült wird. Und genau diese Dringlichkeit durchzieht das gesamte Buch. Koester schafft es, die Atmosphäre in Grenzlitz unglaublich greifbar zu machen. Die Stadt fühlt sich an wie ein brodelnder Kessel, gefüllt mit Angst, Wut und einer fast greifbaren Feindseligkeit. Die Einwohner sind aufgebracht, gespalten und irgendwie verzweifelt – ein Echo auf die größeren politischen und gesellschaftlichen Spannungen, die man heutzutage überall spürt. Was besonders beeindruckt, ist, dass Koester keine einfachen Antworten gibt. Sie taucht tief in die komplizierte Realität des ländlichen Ostdeutschlands ein, ein Gebiet, das oft nur als Karikatur in den Medien erscheint. Stattdessen zeigt sie uns die Menschen, ihre Geschichten, ihre Hoffnungen und Ängste. Nana ist eine faszinierende Figur, eine Art Spiegelbild unserer eigenen Unsicherheiten und Vorurteile. Ihr Blick auf Grenzlitz ist zunächst distanziert, fast wissenschaftlich. Aber je tiefer sie in die Gemeinde und die Geschichten der Menschen dort eintaucht, desto mehr verschwimmen die Grenzen zwischen „wir“ und „die anderen“. Der Roman entfaltet sich wie ein Kaleidoskop aus persönlichen Dramen und politischen Spannungen. Man merkt, dass Koester hier ihre Erfahrungen als Journalistin und Aktivistin eingebracht hat – die Intensität und Dringlichkeit sind unwiderstehlich. „Im Land der Wölfe“ ist aber mehr als nur ein politischer Roman. Es ist eine Charakterstudie, ein tiefes Eintauchen in die Seele eines Ortes und seiner Menschen. Es ist auch eine Reflexion über die Frage, wie weit wir gehen würden, um für unsere Überzeugungen zu kämpfen, und was es bedeutet, auf der „richtigen Seite“ der Geschichte zu stehen. Koester zeichnet ein beklemmendes, aber auch nuanciertes Bild einer Gesellschaft am Scheideweg, und das macht das Buch zu einer absolut fesselnden Lektüre. Dieses Buch ist kein Buch für schwache Nerven. Es ist intensiv, es ist konfrontativ, und es zwingt uns, über die bequemen Narrative nachzudenken, die wir uns oft selbst erzählen. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, wird mit einem Roman belohnt, der lange nach dem letzten Umblättern nachklingt. Elsa Koester hat sich hiermit endgültig als eine der wichtigsten Stimmen der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur etabliert. Also, schnappt euch dieses Buch, lest es, diskutiert darüber und lasst euch von seiner Intensität überwältigen. Es ist genau die Art von Literatur, die wir jetzt brauchen.
UND WAS NUN?