// presswerke vol. (2)62 – „earcandy“

mit der neuen Vinyl-LP von Miso Extra. // Es gibt Alben, bei denen man schon nach wenigen Takten spürt: Hier passiert gerade etwas Eigenes. Etwas Ungefiltertes, Verspieltes – und doch klingt alles vollkommen auf den Punkt. Earcandy, das Debüt der japanisch-britischen Sängerin und Produzentin Miso Extra, ist genau so ein Album. Ein bittersüßes Klang-Abenteuer, das […]

mit der neuen Vinyl-LP von Miso Extra.

// Es gibt Alben, bei denen man schon nach wenigen Takten spürt: Hier passiert gerade etwas Eigenes. Etwas Ungefiltertes, Verspieltes – und doch klingt alles vollkommen auf den Punkt. Earcandy, das Debüt der japanisch-britischen Sängerin und Produzentin Miso Extra, ist genau so ein Album. Ein bittersüßes Klang-Abenteuer, das mit Genres jongliert – und dabei einen unverwechselbaren Style hinterlässt. Schon optisch ist die Vinyl-Ausgabe ein kleines Statement: gepresst auf sanftem, babypinken Vinyl, im schlichten Schuber, aber mit bedruckten Innenhüllen – ein liebevoll gestaltetes Objekt für alle, die Musik nicht nur hören, sondern fühlen und anfassen wollen. Und der Inhalt? So verspielt wie das Äußere, aber mit Tiefgang. In zwölf Tracks entwirft Miso Extra ein Klang-Universum, das sich jeder klaren Kategorie entzieht – irgendwo zwischen R&B, UK-Garage, Rap, Hyperpop und 80er-Referenzen, dabei aber nie beliebig. Vielmehr wirkt alles wie aus einem Guss – durchzogen von ihrem persönlichen Stil, ihrer frechen, charmanten und manchmal verletzlich-poetischen Stimme, die mal flüstert, mal rappt, mal singt. Earcandy ist genau das, was der Titel verspricht: ein zuckriger, bittersüßer Genuss für die Ohren – aber nie oberflächlich.

Tracks wie „POP“ bringen sofort Energie in den Raum – voll mit K-Pop-Zitaten, glitzernden Hooks und einem Beat, der sich perfekt für nächtliche Straßenbahnen oder Kopfhörer-Momente an der Ampel eignet. „Good Kisses dagegen taucht tief in liebeskranken R&B – mit dicken Bässen, butterweichem Flow und Texten, die zwischen Sehnsucht und Selbstbestimmung pendeln. „Certified“ swingt sich locker durch Synth-House-Gefilde, während „Ghostly“ eine melancholische 80s-Hommage ist, die wie aus einer Parallelwelt klingt – leicht vernebelt, aber emotional glasklar. Und über allem schwebt dieses Gefühl, dass Miso Extra genau weiß, was sie tut. Kein Sound, kein Bruch, kein Beat fühlt sich zufällig an – trotz aller Spontaneität. Die Produktion, aufgenommen in Damon Albarns Studio 13 in London und veredelt von Grammy-Gewinner Riccardo Damian, lässt alles gleichzeitig roh und poliert wirken. Es klingt nach einem ersten Album, ja – aber eben nach einem Debüt, das vor Selbstbewusstsein nur so strotzt. Hinzu kommen namhafte Kollaborationen mit DJ Boring, Metronomy, AK Paul, Tyson und anderen – Features, die das Album zwar bereichern, aber nie von Miso Extra ablenken. Sie bleibt das Herzstück, die treibende Kraft, der rote Faden durch diesen genreflirrenden Traum. Earcandy ist mehr als ein Versprechen – es ist eine Bestandsaufnahme einer Künstlerin, die mitten in der Entwicklung ist und dabei schon jetzt so sicher klingt, als hätte sie zehn Alben hinter sich. Es ist verspielt, feminin, technoid, romantisch und gleichzeitig knallhart – ein Album für alle, die sich zwischen den Schubladen wohlfühlen. Fazit: Earcandy ist ein Pop-Experiment mit Seele. Eine Vinyl-Perle, die jede Sammlung aufwertet – nicht nur wegen der Optik, sondern wegen der Haltung. Denn wer Miso Extra hört, hört nicht nur Musik. Man hört Aufbruch. Persönlichkeit. Und richtig viel Spaß dabei, alles einmal durchzuschütteln.