mit dem Werk „Die Assistentin“ von Caroline Wahl.

// Caroline Wahl erzählt in Die Assistentin von einer jungen Frau, die voller Hoffnungen in ein neues Leben startet – und doch schon bald merkt, dass Aufstieg und Selbstverwirklichung manchmal in Abhängigkeit und Überforderung umschlagen können. Charlotte, die eigentlich Musikerin werden wollte, entscheidet sich aus Vernunft für einen anderen Weg. Es ist zu spät, so redet sie sich ein, und den Eltern zuliebe sucht sie nach einem soliden Beruf. Der Zufall führt sie nach München, wo sie im Sommer eine gewisse Leichtigkeit spürt und eine neue Stelle in einem Verlag antritt. Zunächst scheint alles vielversprechend: Sie sitzt im Vorzimmer des Verlegers, nah am Herzstück des Unternehmens, und genießt es, mitten im Betrieb zu sein. Die Nähe zur Macht wirkt auf sie fast berauschend, und zum ersten Mal glaubt sie, dass ihr Leben in die richtige Richtung läuft. Doch schon bald erkennt Charlotte, wie brüchig dieser Erfolg ist.
Ihr Chef wechselt seine Assistentinnen regelmäßig aus, was ihr eine unterschwellige Angst vermittelt. Zwar erkennt er auch ihre Stärken, schenkt ihr Vertrauen und macht ihr damit das Gefühl, unentbehrlich zu sein, doch der Preis, den sie dafür zahlt, ist hoch. Charlotte wird immer stärker in eine Dynamik hineingezogen, die sie zwingt, ihre Grenzen zu überschreiten – körperlich, emotional, moralisch. Sie beginnt, ihre Gesundheit zu gefährden, und riskiert schließlich auch die Liebe zu Bo, die gerade erst in ihr Leben getreten ist. Wahl erzählt diese Geschichte mit einem lakonischen Tonfall, der gleichzeitig humorvoll und schonungslos ist. Sie zeichnet eine Heldin, die sich nicht kleinmachen lassen will, die kämpft, die sich gegen das Gefühl wehrt, bloß eine Schachfigur im Spiel anderer zu sein. Und doch muss Charlotte erkennen, dass Stärke nicht bedeutet, alles auszuhalten, sondern zu lernen, sich selbst nicht zu verraten. In dieser Spannung entfaltet der Roman eine Wucht, die weit über die individuelle Geschichte hinausgeht. Denn Charlotte steht für viele Menschen, die erleben, wie Arbeit zum Schlachtfeld wird, wie Machtverhältnisse Druck erzeugen und wie schwer es sein kann, zwischen Karriere und Selbstachtung nicht aufgerieben zu werden. Die Assistentin ist damit vor allem ein Roman über Resilienz und Überleben, über die Fallen moderner Arbeitswelten und den Preis, den Anpassung fordern kann. Caroline Wahl verleiht ihrer Protagonistin eine Stimme, die ebenso verletzlich wie eigensinnig ist, und macht spürbar, wie nah Erfolg und Selbstverlust beieinanderliegen können. Es ist eine Geschichte, die berührt, weil sie so alltäglich ist – und zugleich eine, die Mut macht, weil sie zeigt, dass auch unter größtem Druck die Möglichkeit besteht, sich selbst treu zu bleiben.
UND WAS NUN?