// szenenwechsel vol. (2)40 – „ghost cat anzu“

mit dem Werk „Ghost Cat Anzu“. // Ghost Cat Anzu ist einer dieser Animefilme, die einen auf den ersten Blick durch ihre ungewöhnliche Mischung aus Humor, Fantasie und tiefer Emotion ansprechen. Schon die Ausgangssituation klingt wie ein modernes Märchen mit einem leicht schrägen Einschlag: Die elfjährige Karin wird von ihrem Vater, der sich vor Schulden […]

mit dem Werk „Ghost Cat Anzu“.

// Ghost Cat Anzu ist einer dieser Animefilme, die einen auf den ersten Blick durch ihre ungewöhnliche Mischung aus Humor, Fantasie und tiefer Emotion ansprechen. Schon die Ausgangssituation klingt wie ein modernes Märchen mit einem leicht schrägen Einschlag: Die elfjährige Karin wird von ihrem Vater, der sich vor Schulden drückt, im Stich gelassen und landet schließlich bei ihrem Großvater in einem alten Tempel. Das allein gibt der Geschichte schon eine melancholische Note, doch dann tritt Anzu auf den Plan – eine riesige, etwas träge Geisterkatze, die eigentlich zu ihrem Beschützer werden soll. Dass Karin diesem neuen Gefährten zunächst misstraut, ist nur zu verständlich: Anzu wirkt alles andere als zuverlässig, eher wie ein liebenswerter, aber fauler Anti-Held. Was mich an diesem Film sofort fasziniert hat, ist die Art, wie er Gegensätze zusammenführt. Auf der einen Seite haben wir Karin, ein verletzliches, unsicheres Mädchen, das gerade dabei ist, mit Verlust und Einsamkeit klarzukommen.

Auf der anderen Seite steht Anzu, eine übernatürliche Gestalt, die gleichzeitig grotesk, komisch und herzlich wirkt. Die Chemie zwischen den beiden entwickelt sich langsam, oft in kleinen, alltäglichen Szenen, in denen Humor und Melancholie eng beieinanderliegen. Gerade dieses langsame Wachsen einer Beziehung, die am Anfang von Misstrauen geprägt ist, macht den Film so berührend. Der Fantasy-Anteil ist dabei keineswegs nur hübsche Kulisse. Die Begegnungen mit den exzentrischen Waldgeistern und Anzus fatales Missgeschick, als er einen Pakt mit dem Teufel eingeht, verleihen der Geschichte eine überraschende Tiefe. Plötzlich wird aus dem eher heiteren Tonfall eine spannende, fast düstere Wendung – die Bedrohung wirkt echt, und man fiebert mit Karin und Anzu, ob sie gemeinsam einen Weg finden, diese Hürde zu überwinden. Für mich liegt hier auch die Stärke des Films: Er balanciert meisterhaft zwischen Witz und Ernst, zwischen fantasievoller Leichtigkeit und existenziellen Fragen über Vertrauen, Verantwortung und Zusammenhalt. Visuell ist Ghost Cat Anzu ein echtes Erlebnis. Die Mischung aus handgezeichnetem Stil und sanfter Farbgebung erzeugt eine ganz eigene Stimmung, die irgendwo zwischen kindlicher Fantasie und reiferer Symbolik liegt. Besonders die Szenen im Wald und im Tempel haben eine fast meditative Qualität – und stehen im starken Kontrast zu den wilden, chaotischen Momenten, wenn Anzu versucht, die Situation unter Kontrolle zu bringen. Das macht die Bilder lebendig und abwechslungsreich, ohne den roten Faden der Erzählung zu verlieren. Was ich persönlich am meisten mochte, ist die Figur der Anzu selbst. Sie ist weit entfernt von einem typischen Beschützer – zu faul, zu eigensinnig, manchmal geradezu unfähig. Aber genau diese Brüche machen sie so liebenswert. Sie verkörpert die Idee, dass Schutz und Freundschaft nicht Perfektion erfordern, sondern Aufrichtigkeit und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, wenn es wirklich zählt. Karin wiederum wirkt trotz ihres jungen Alters erstaunlich stark und wächst im Verlauf der Handlung über sich hinaus. Ihr Zusammenspiel ist es, was den Film trägt und zu einem warmherzigen Erlebnis macht. Ghost Cat Anzu ist kein lauter Blockbuster-Anime, sondern ein Film, der seine Kraft aus der leisen, schrägen und gleichzeitig tiefgründigen Erzählweise zieht. Er erinnert ein wenig an die besten Momente von Studio-Ghibli-Filmen, ohne sie zu kopieren – ein Werk, das mit Humor, Fantasie und Herz gleichermaßen überzeugt. Für mich ist es ein Anime, der Kindern wie Erwachsenen etwas gibt: den Jüngeren ein Abenteuer voller bunter Figuren und lustiger Momente, den Älteren eine Geschichte über Vertrauen, Familie und die Suche nach Halt in schwierigen Zeiten.