// zuckerbeat vol. (6)56 – „don´t look back in anger“

mit den Werk „Gallagher“ von P.J. Harrison. // Als ich „Gallagher: Fall und Aufstieg von Oasis“ gelesen habe, hatte ich sofort dieses Gefühl, das nur wenige Musikbiografien auslösen: Man taucht ein in eine ganze Ära, in den Sound und die Haltung der Neunziger, als Britpop plötzlich nicht nur Musik, sondern fast schon eine Lebensform war. […]

mit den Werk „Gallagher“ von P.J. Harrison.

// Als ich „Gallagher: Fall und Aufstieg von Oasis“ gelesen habe, hatte ich sofort dieses Gefühl, das nur wenige Musikbiografien auslösen: Man taucht ein in eine ganze Ära, in den Sound und die Haltung der Neunziger, als Britpop plötzlich nicht nur Musik, sondern fast schon eine Lebensform war. P. J. Harrison erzählt nicht bloß die Geschichte einer Band, sondern fängt die Energie einer Zeit ein – man spürt den Geruch von verrauchten Proberäumen, die Euphorie der ersten ausverkauften Shows und das selbstbewusste Aufbegehren gegen den Mainstream, das Oasis zu etwas ganz Eigenem machte. Von Anfang an stehen die beiden Brüder Noel und Liam Gallagher im Mittelpunkt. Harrison beschreibt, wie sich ihre so gegensätzlichen Persönlichkeiten gegenseitig befeuerten: Noel, der akribische Songwriter mit einem fast klassischen Sinn für große Melodien, und Liam, der charismatische Frontmann, der mit seiner rotzigen Stimme und seiner unbändigen Präsenz zum Inbegriff des Rockstars wurde. Diese Spannung trug die Band – und sie war gleichzeitig der Grund für die vielen Eskalationen, die Ende 2009 zur Trennung führten.

Man merkt beim Lesen, wie tief die Rivalität ging, wie oft aus Bruderliebe blanker Hass wurde und umgekehrt. Besonders gefallen hat mir, dass Harrison nicht einfach Skandale aneinanderreiht, sondern immer wieder zeigt, wie sehr die Musik selbst im Mittelpunkt stand. Alben wie „Definitely Maybe“ und „(What’s the Story) Morning Glory?“ werden nicht nur als Hits gefeiert, sondern in ihrem Entstehungskontext erklärt: die Manchester-Szene, die Sehnsucht nach großen Hymnen, der Hunger nach etwas Neuem. Man versteht, warum Songs wie „Wonderwall“ oder „Don’t Look Back in Anger“ bis heute Stadien zum Mitsingen bringen und Generationen verbinden. Nach dem Bruch erzählt das Buch auch vom Weg beider Brüder in die Solokarrieren. Noel perfektionierte seinen Hang zu ausgereiften, fast orchestralen Rocksongs, während Liam sich mit seiner rauen, direkten Art ein neues Publikum eroberte. Und dann kam die Nachricht, die viele Fans kaum noch zu hoffen gewagt hatten: die Reunion 2024. Harrison fängt diese überraschende Wendung ein, ohne sie zu verklären – für ihn ist sie der späte Beweis dafür, dass die beiden ohne einander eben doch nie ganz komplett waren. Für mich war die Lektüre wie eine kleine Zeitreise: zurück zu den lauten Gitarren, den provokanten Interviews und diesem typisch britischen Selbstbewusstsein, das Oasis so unverwechselbar machte. Harrison schreibt lebendig, nah dran, mit einem Gespür für die Magie, die zwischen den Gallagher-Brüdern immer wieder aufflammte – und für die Brüche, die genauso zu ihrer Geschichte gehören. Am Ende bleibt vor allem eines: die Erkenntnis, dass hinter all den Schlagzeilen immer die Musik stand, die Millionen Menschen bis heute bewegt.