// strichcode vol. (4)37 – „halloween“

mit den Bänden 2 und 3 der Reihe „Halloween Blues“ von Mythic und Kas. // Die Comicreihe Halloween Blues zählt zu den atmosphärisch dichtesten und zugleich elegantesten Werken des frankobelgischen Mystery-Genres. Mit den Bänden 2 („Brief aus Gettysburg“) und 3 („Trügerische Erinnerungen“), die in diesem Jahr bei „Schreiber + Leser“ erschienen sind, kehrt die düstere […]

mit den Bänden 2 und 3 der Reihe „Halloween Blues“ von Mythic und Kas.

// Die Comicreihe Halloween Blues zählt zu den atmosphärisch dichtesten und zugleich elegantesten Werken des frankobelgischen Mystery-Genres. Mit den Bänden 2 („Brief aus Gettysburg“) und 3 („Trügerische Erinnerungen“), die in diesem Jahr bei „Schreiber + Leser“ erschienen sind, kehrt die düstere Saga um den desillusionierten Ermittler Forester Hill zurück – einen Mann, der nicht nur in Mordfällen ermittelt, sondern auch im Bann des Geistes seiner verstorbenen Ehefrau steht. Perfekt also für die dunkle Jahreszeit, wenn sich Nebel über die Straßen legt und der Oktober seine unheimliche Stimmung entfaltet. Geschaffen wurde die Serie vom Autor Mythic (Jean-Claude Smit-le-Bénédicte) und dem Zeichner Kas (Zbigniew Kasprzak) – ein kongeniales Duo, das bereits in den 1990er-Jahren mit Werken wie Arkel und Hans bewiesen hat, wie meisterhaft sie Spannung, Emotion und visuelle Eleganz miteinander verbinden können. Mythic bringt in Halloween Blues seine Vorliebe für klassische Kriminalgeschichten, metaphysische Themen und feine Psychologie ein, während Kas die Szenen in eine faszinierend melancholische Bildsprache taucht.

Seine Zeichnungen erinnern an Film-Noir-Ästhetik: tiefes Schattenlicht, kalte Neonreflexe, verregnete Straßen und Gesichter, in denen sich ganze Lebensgeschichten spiegeln. In Brief aus Gettysburg erlebt Hill nach einer Halloween-Nacht mit seiner geisterhaften Frau Dana eine verstörende Begegnung: Eine verwirrte Frau behauptet, im Besitz historischer Briefe des Generals Robert E. Lee zu sein. Während seine Kollegen sie für verrückt halten, spürt Hill, dass mehr hinter der Sache steckt – und stößt auf ein Geheimnis, das Geschichte, Schuld und Spuk miteinander verwebt.

Trügerische Erinnerungen führt diese düstere Atmosphäre konsequent fort: Eine junge Frau bittet Hill um Hilfe, nachdem sie Fotos entdeckt hat, die scheinbar ihr Leben zeigen – ein Leben, das sie nie geführt hat. Bald verschwimmen Realität und Wahn, und selbst Dana scheint auf unerklärliche Weise in das Rätsel verwickelt. Beide Bände fügen sich nahtlos in die Grundstimmung der Serie ein: eine Mischung aus Kriminaldrama, Geistergeschichte und psychologischem Kammerspiel. Besonders bemerkenswert ist, wie Mythic und Kas es schaffen, Spannung nicht über Schockmomente, sondern über Atmosphäre aufzubauen – über den stillen Horror der Erinnerung, die man nicht loswird. Die melancholischen Farben und der langsame, fast jazzartige Rhythmus der Erzählung verleihen dem Ganzen eine zeitlose Eleganz. Gerade im Oktober, wenn das Geisterfest seine Schatten wirft, entfaltet Halloween Blues seine volle Wirkung. Es ist kein Werk des schnellen Schreckens, sondern eine vielschichtige Meditation über Liebe, Verlust und die Unausweichlichkeit des Vergessens. Ein melancholischer, wunderschön gezeichneter Albtraum – wie ein alter Blues, der lange nachhallt.