mit dem Werk „Halloweenkind“ von Lars Engels.

// „Halloweenkind“ von Lars Engels ist ein Kriminalroman, der sich wie ein kühler Herbstwind anfühlt: Man schlägt die erste Seite auf, und schon nach wenigen Absätzen liegt dieser typische, leicht modrige Geruch von nassem Laub und kaltem Nebel in der Luft. Engels nutzt die Atmosphäre von Halloween nicht bloß als Dekoration, sondern als zentrales Element seines Plots – und er versteht es, die Spannung so zu verdichten, dass man beim Lesen fast das Flackern von Kürbislaternen sieht und die knirschenden Schritte auf feuchtem Asphalt hört. Im Mittelpunkt steht ein Szenario, das vielen Eltern den Atem stocken lässt: Eine kleine Nachbarschaft zieht mit ihren verkleideten Kindern zum traditionellen „Süßes oder Saures“ los. Die Stimmung ist ausgelassen – bis der elfjährige Joshua spurlos verschwindet.
Zurück bleibt nur sein Geisterkostüm, blutbefleckt und stumm wie ein böses Omen. Schon diese erste Wendung ist ein Schlag in die Magengrube, doch Engels verschärft den Schrecken, indem er eine gespenstische Parallele zieht: Zwei Jahre zuvor verschwand bereits ein Kind an Halloween – ebenfalls in genau diesem Kostüm. Was diesen Krimi so fesselnd macht, ist nicht nur der clevere Aufbau, sondern die psychologische Tiefe. Die Geschichte verlagert sich schnell von der reinen Suche nach dem Täter zu einer genauen Beobachtung der Elternrunde. Aus der schockierten Gemeinschaft wird nach und nach ein fragiles Geflecht aus Misstrauen und latenten Konflikten. Jeder Blick, jedes unbedachte Wort kann plötzlich verdächtig wirken. Besonders interessant ist die Rolle von Lea Fuchs, die als Opferhelferin den früheren Fall begleitet hat und nun gemeinsam mit ihrem Mann Oliver, einem Kriminalpolizisten, die alten und neuen Spuren verfolgt. Durch sie bekommt der Roman eine doppelte Perspektive: die professionelle Distanz einer Helferin und die zutiefst persönliche Betroffenheit einer Frau, die selbst Teil dieses Freundeskreises ist. Lars Engels spielt geschickt mit dem Reiz des Unheimlichen. Er streut subtile Anspielungen auf Halloween-Traditionen und die Faszination des Grauens ein, ohne je in Kitsch oder billigen Grusel abzurutschen. Stattdessen baut er eine beinahe filmische Spannung auf – man spürt den kalten Wind, hört das ferne Lachen anderer Kinder, während die Nacht immer bedrohlicher wird. Der Roman ist gleichzeitig ein Thriller über das Verschwinden von Kindern und ein gesellschaftliches Psychogramm: Wie gut kennen wir eigentlich unsere Nachbarn? Welche Geheimnisse schlummern hinter den freundlich erleuchteten Fenstern? Besonders packend fand ich, dass Engels nicht einfach auf eine klassische Täterjagd setzt. Er wirft Fragen auf, die lange nachhallen: über Vertrauen und Verrat, über die Zerbrechlichkeit vermeintlich sicherer Gemeinschaften und über die Angst, die sich an einem Abend wie Halloween so leicht hinter Masken und Kostümen verstecken kann. „Halloweenkind“ ist damit weit mehr als ein saisonaler Krimi – es ist ein intensiver, atmosphärischer Roman, der den Leser bis zur letzten Seite im Bann hält und danach noch lange ein leises Frösteln hinterlässt.
UND WAS NUN?