mit den ersten beiden Bänden von „Gokinjo Monogatari – Von Liebe, Mode und großen Träumen“ von Ai Yazawa.

// Die beiden Bände von Gokinjo Monogatari – Von Liebe, Mode und großen Träumen gehören zu jenen Werken, bei denen man sofort spürt, warum Ai Yazawa zu den prägenden Erzählerinnen des modernen Shojo-Manga geworden ist. In diesen frühen Geschichten, die später als Fundament für Paradise Kiss dienten, entfaltet sie bereits jene Mischung aus jugendlicher Leichtigkeit, emotionaler Verletzlichkeit und ästhetischem Stilbewusstsein, die ihre Serien so unverwechselbar macht. Wer NANA oder Paradise Kiss liebt, erkennt hier die Anfänge ihres besonderen Blicks auf junge Menschen, die sich in einer Welt voller Erwartungen, Sehnsüchte und Selbstzweifel ihren eigenen Weg bahnen. Im Mittelpunkt steht Mikako Koda, ein Mädchen mit großen Träumen und einem unerschütterlichen Willen, es in der Modewelt zu etwas zu bringen. Ihr Label „Happy Berry“ ist mehr als nur ein Hobby – es ist Ausdruck ihrer Persönlichkeit, ihrer Kreativität, ihres Optimismus. Zusammen mit ihrem besten Freund und Nachbarn Tsutomu, der mit seinem Rockstar-Aussehen überall Aufmerksamkeit erregt, taucht sie in das turbulente Leben einer Kunstschule ein.
Was zunächst wie eine charmante, leichtfüßige Coming-of-Age-Geschichte beginnt, entpuppt sich schnell als emotional vielschichtiger Blick auf das Erwachsenwerden. Mikako muss nicht nur herausfinden, wer sie als Designerin sein will, sondern auch, was Tsutomu ihr bedeutet – und ob die Gefühle, die sie zu verdrängen versucht, nicht längst größer geworden sind, als sie sich eingestehen möchte.

Band 1 legt den Grundstein: Mikako und Tsutomu starten voller Idealismus in die Highschool und träumen groß. Sie von Modenschauen, er von einer Karriere als Fotograf. Beide stürzen sich neugierig in ein kreatives Umfeld, das sie inspiriert und gleichzeitig verunsichert. Yazawa fängt diese Mischung aus jugendlicher Euphorie und der Angst, nicht gut genug zu sein, mit einem feinen Gespür für Zwischentöne ein. Man spürt die Energie eines jungen Menschen, der seine Identität über Kleidung ausdrückt, und gleichzeitig die Unsicherheit eines Mädchens, dessen Gefühle gegenüber seinem besten Freund langsam kippen. Band 2 vertieft diesen Kosmos: Mikako und ihre Freunde der Kunsthochschule Yazawa gründen einen Club, um ihre Werke auf dem lokalen Wochenmarkt zu präsentieren. Plötzlich ist da Teamarbeit, Konkurrenz, Selbstzweifel – und eine Dynamik, die zu Konflikten, aber auch zu neuen Bindungen führt. Gerade die Treffen im Haus der schillernden Mariko Nakasu setzen neue Impulse und treiben die Figuren emotional voran. Tsutomu bleibt der charmante Ruhepol, während Mikako zwischen Ambition, Freundschaft und ersten großen Gefühlen hin- und hergerissen ist. Yazawa versteht es meisterhaft, die leisen Risse im Alltag sichtbar zu machen, die Eifersucht zwischen Freunden, den Druck der Kreativität, die Suche nach Bestätigung und das zarte Begreifen, dass Liebe manchmal direkt vor einem steht. Die beiden Bände gelesen als Einheit zeigen, wie Yazawa schon in den Neunzigern Themen verhandelt hat, die bis heute modern wirken: Selbstverwirklichung, Identität, künstlerische Träume, romantische Unsicherheiten und der Wunsch, den eigenen Stil zu finden – im Leben wie in der Mode. Gokinjo Monogatari ist warmherzig, witzig, chaotisch und zugleich erstaunlich reif. Es erzählt von Jugendlichen, die ihren Platz in einer Welt suchen, die ihnen viel abverlangt, und die trotzdem weiter an ihre Träume glauben. Wer wissen möchte, wie die kreative Welt aus Paradise Kiss entstanden ist oder wie Ai Yazawas charakteristische Mischung aus Popästhetik und emotionaler Tiefe ihren Anfang nahm, findet in diesen beiden Bänden ein lebendiges, ehrliches und zeitloses Porträt des Erwachsenwerdens in all seinen Höhen und Tiefen.
UND WAS NUN?