// aufgelesen vol. (6)04 – „die flüsse von london“

mit dem Werk „Die Meerjungfrauen von Aberdeen“ von Ban Aaronovitch. // Mit „Die Meerjungfrauen von Aberdeen“, dem mittlerweile zehnten Band der erfolgreichen „Flüsse von London“-Reihe, beweist Ben Aaronovitch erneut, dass urbane Magie, britischer Humor und kriminalistische Raffinesse eine nahezu unwiderstehliche Kombination bilden. Der Roman führt den sympathisch-chaotischen Zauberlehrling und Polizisten Peter Grant samt seiner wachsenden […]

mit dem Werk „Die Meerjungfrauen von Aberdeen“ von Ban Aaronovitch.

// Mit „Die Meerjungfrauen von Aberdeen, dem mittlerweile zehnten Band der erfolgreichen „Flüsse von London“-Reihe, beweist Ben Aaronovitch erneut, dass urbane Magie, britischer Humor und kriminalistische Raffinesse eine nahezu unwiderstehliche Kombination bilden. Der Roman führt den sympathisch-chaotischen Zauberlehrling und Polizisten Peter Grant samt seiner wachsenden Entourage in den hohen Norden Großbritanniens – und mitten hinein in einen mysteriösen Fall, der so manches maritimes Geheimnis birgt. Eigentlich steht ein entspannter Familienurlaub in Aberdeenshire auf dem Plan. Doch wer Peter kennt, weiß: Wo er auftaucht, ist Ärger nicht weit. Den Anfang macht ein scheinbar harmloser Fall – ein Schaf, tot aufgefunden, mit unerklärlicher Todesursache. Für normale Ermittler vielleicht eine Kuriosität, für Peter ein Warnsignal. Bald schon häufen sich die Anomalien – eine männliche Leiche mit seltsamen anatomischen Merkmalen, unerklärliche Sichtungen auf See und am Himmel, und dann auch noch die Magie selbst, die sich in ungewohnten Wellen über das schottische Land ergießt.

Der Urlaub verwandelt sich rasch in einen Einsatz – einer, der nicht nur Peters Fähigkeiten, sondern auch seine Geduld mit Zwillingen, Cousinen und Quasikollegen auf eine harte Probe stellt. Aaronovitch gelingt es wie kaum einem anderen Autor, das scheinbar Alltägliche mit dem Übernatürlichen zu verweben. Mit leichter Hand, aber nie ohne Tiefgang, führt er uns in ein Schottland, das in dieser Erzählung weit mehr ist als nur malerische Kulisse. Die nordische Kälte ist durchdrungen von Mythen, uralten Wesenheiten und einem magischen Netzwerk, das viel älter ist als das Folly, Londons Zentrale für magische Verbrechen. Und mittendrin: Peter, der zwischen Babywindeln und Beschwörungsformeln jongliert, während seine Partnerin Beverley – Flussgöttin und Mutter ihrer gemeinsamen Kinder – eigene Wege zwischen Naturgewalt und Mutterpflichten findet. Was den Roman besonders spannend macht, ist die kluge Balance zwischen Fall und Figurenentwicklung. Die Ermittlungen rund um das seltsame Schaf und die mysteriöse Leiche sind clever konstruiert, mit Wendungen, die bis zuletzt überraschen, ohne ins Absurde abzurutschen. Gleichzeitig wächst die Peter-Grant-Welt weiter: Abigail, inzwischen deutlich reifer und selbstbewusster, tritt zunehmend aus dem Schatten ihres Cousins, während alte Bekannte wie Nightingale, Molly oder Dr. Walid ebenfalls ihre Momente haben – auch wenn viele diesmal nur aus der Ferne unterstützen können. „Die Meerjungfrauen von Aberdeen“ lebt vom Wechselspiel zwischen magischem Staunen und trockenem britischen Humor. Peters innere Monologe sind gewohnt pointiert, sein Blick auf das Skurrile stets lakonisch und doch voller Menschlichkeit. Aaronovitchs Stil bleibt auch im zehnten Band erfrischend unverbraucht. Sprachlich elegant, oft ironisch, manchmal beinahe poetisch – und nie ohne einen Seitenhieb auf Bürokratie, Technikfrust oder die Widrigkeiten des Elternseins. Wer die Reihe kennt, wird diesen Band lieben – wer neu einsteigt, sollte unbedingt bei Band eins beginnen, um die zahlreichen Anspielungen und Entwicklungen in ihrer Tiefe zu erfassen. Doch auch für Kenner hält dieser Roman einige Überraschungen bereit – nicht zuletzt in Bezug auf die magische Welt jenseits Londons, die sich hier erstmals so greifbar und gefährlich zugleich zeigt. „Die Meerjungfrauen von Aberdeen“ ist ein weiterer Höhepunkt in einer ohnehin herausragenden Urban-Fantasy-Reihe. Temporeich, atmosphärisch dicht, voller Magie und Menschlichkeit – und dabei nie den schrägen britischen Charme aus den Augen verlierend. Ein Muss für Fans und ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass diese Reihe auch nach zehn Bänden noch lange nicht ihren Zauber verloren hat.