mit dem für den Deutschen Buchpreis nominierten Werk „Lebensversicherung“ von Kathrin Bach.

// Kathrin Bachs Lebensversicherung ist ein Prosadebüt, das mich von der ersten Seite an gefesselt hat. Im ersten Moment wirkt es wie ein ruhiger Blick auf die westdeutsche Provinz der 1990er Jahre: Fertighäuser, traditionelle Höfe, ein Bäcker, ein Sportplatz und das unscheinbare Versicherungsbüro, das das Leben vieler Familien prägt. Doch unter dieser scheinbar alltäglichen Oberfläche verbirgt sich ein fein gewebtes Netz aus Ängsten, Sehnsüchten und familiären Dynamiken, das Bach mit leiser Präzision und feinem Humor aufspannt. Die Ich-Erzählerin wächst in eine Kaufmannsfamilie hinein, in der Versicherungen nicht nur Beruf, sondern fast schon Lebensprinzip sind. Diese ständige Präsenz von Risiken und Vorsorge prägt ihr Denken, ihr Handeln und ihr Verhältnis zur Welt. Kathrin Bach versteht es meisterhaft, diese Spannung zwischen dem Streben nach Sicherheit und der Unvermeidbarkeit des Lebens zu vermitteln.
Man spürt die Tragik der „so deutschen“ Angst vor Unvorhersehbarem, gleichzeitig aber auch den subtilen Humor, der die kleinen Absurditäten des Alltags aufblitzen lässt. Was Lebensversicherung für mich besonders macht, ist die Mischung aus Intimität und universeller Beobachtung. Bach fügt Erinnerungen, Listen, kleine Alltagsszenen und Reflexionen zu einem vielschichtigen Porträt einer Familie und eines Milieus zusammen, das gleichzeitig vertraut und fremd wirkt. Die Erzählerin selbst ist so nahbar und lebendig, dass man ihre kleinen Siege, Zweifel und Reflexionen förmlich miterlebt. Ihre Art, sich schreibend mit Ängsten auseinanderzusetzen, macht die Lektüre zu einer nachdenklichen, manchmal melancholischen, aber immer warmherzigen Erfahrung. Für mich ist Lebensversicherung ein Buch, das sowohl literarisch überzeugt als auch menschlich berührt. Es erzählt von der Sehnsucht nach Kontrolle in einer unkontrollierbaren Welt, von der Notwendigkeit, sich den eigenen Ängsten zu stellen, und von der bittersüßen Schönheit alltäglicher Familiengeschichten. Ein Debüt, das zeigt, dass Kathrin Bach eine außergewöhnliche Beobachterin ist, deren Stimme man in der deutschen Literatur unbedingt weiter verfolgen sollte und das völlig zu Recht auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis gelandet ist.
UND WAS NUN?