// zuckerbeat vol. (6)58 – „doomsday“

mit dem Werk „MF DOOM – Chroniken einer Hip-Hop-Ikone“ von S.H. Fernando Jr. // Schon die ersten Seiten lassen spüren, dass dieses Buch mehr ist als eine bloße Biografie – es ist ein Blick hinter eine der rätselhaftesten Masken der Hip-Hop-Geschichte. S. H. Fernando Jr., selbst seit Jahrzehnten als Hip-Hop-Journalist unterwegs, erzählt die Geschichte von […]

mit dem Werk „MF DOOM – Chroniken einer Hip-Hop-Ikone“ von S.H. Fernando Jr.

// Schon die ersten Seiten lassen spüren, dass dieses Buch mehr ist als eine bloße Biografie – es ist ein Blick hinter eine der rätselhaftesten Masken der Hip-Hop-Geschichte. S. H. Fernando Jr., selbst seit Jahrzehnten als Hip-Hop-Journalist unterwegs, erzählt die Geschichte von MF DOOM mit spürbarer Nähe zur Szene und einem Gespür für die feinen Brüche im Leben des Künstlers. Geboren als Daniel Dumile, wuchs DOOM in Long Beach, New York, auf – ein Kind mit karibischen Wurzeln, das schon früh von Comic-Heften und der Kraft gezeichneter Superhelden fasziniert war. In den späten Achtzigern gründete er gemeinsam mit seinem Bruder DJ Subroc die Gruppe KMD. Ihr Debüt machte sie schnell zu einem Geheimtipp, doch ein tragischer Unfall veränderte alles: Subroc kam bei einem Autounfall ums Leben, und Dumile zog sich völlig aus der Öffentlichkeit zurück. Fernando beschreibt eindringlich, wie aus dieser persönlichen Katastrophe ein radikaler Neuanfang erwuchs. Jahre später tauchte Dumile wieder auf – maskiert, mit neuem Namen und einer Kunstfigur, die Mythos und Selbstschutz zugleich war: MF DOOM. Mit der Metallmaske, inspiriert von Marvels Doctor Doom, erschuf er eine Persona, die den klassischen Superhelden- und Superschurken-Mythos ins Hip-Hop-Universum übertrug.

Seine Reime waren verschachtelte Puzzles, voller Anspielungen und versteckter Wortspiele, die Fans zu regelrechten Detektiven machten. Besonders faszinierend schildert das Buch, wie DOOM in den 2000ern mit Projekten wie Madvillain (gemeinsam mit Madlib) oder Danger DOOM (mit Danger Mouse) die Grenzen des Genres verschob. Seine Alben waren keine klassischen Hit-Sammlungen, sondern dichte, fast filmische Klangwelten – Loops aus alten Cartoons, Jazz-Samples, kryptische Skits. Fernando zeigt, wie DOOM dabei nicht nur musikalische Innovation betrieb, sondern auch eine ganz eigene Vorstellung von Künstleridentität lebte: anonym, unberechenbar, immer eine Maske zwischen sich und der Öffentlichkeit. Dabei verliert der Autor den Menschen hinter der Maske nie aus dem Blick. Er sammelt Stimmen aus DOOMs engstem Kreis – Weggefährten, Produzenten, Freunde – und zeichnet so das Bild eines Mannes, der privat warmherzig, zugleich aber misstrauisch und eigenwillig war. Von den frühen Tagen im New Yorker Underground über die weltweite Verehrung bis hin zu seinem überraschenden Tod an Halloween 2020 entsteht eine Chronik, die DOOMs Bedeutung für die Hip-Hop-Kultur verständlich macht: als Innovator, als Anti-Star und als Ikone, die bis heute zahllose Produzenten und Rapper inspiriert. „Chroniken einer Hip-Hop-Ikone“ ist damit weit mehr als ein Nachruf. Es ist eine fesselnde Zeitreise durch drei Jahrzehnte Hip-Hop, die die Kreativität und Widersprüche von MF DOOM in all ihren Facetten begreifbar macht – und einen Künstler würdigt, dessen Vermächtnis noch lange nachklingt, wie der tiefe Bass einer endlosen Nacht.