// zuckerbeat vol. (6)61 – „your heaven, my hell“

mit den Werk „Your Heaven, My Hell“ von Mille Petrozza. // In „Your Heaven, My Hell“ öffnet Mille Petrozza, Frontmann der legendären Thrash-Metal-Band Kreator, zum ersten Mal ganz persönlich das Tor zu seiner eigenen Geschichte – und die liest sich wie ein wilder Ritt durch die prägenden Jahre des Ruhrgebiets. Schon nach den ersten Seiten […]

mit den Werk „Your Heaven, My Hell“ von Mille Petrozza.

// In „Your Heaven, My Hell“ öffnet Mille Petrozza, Frontmann der legendären Thrash-Metal-Band Kreator, zum ersten Mal ganz persönlich das Tor zu seiner eigenen Geschichte – und die liest sich wie ein wilder Ritt durch die prägenden Jahre des Ruhrgebiets. Schon nach den ersten Seiten spürt man die raue Atmosphäre von Altenessen in den Siebzigern: der Geruch von Kohlenstaub liegt in der Luft, Zechen schließen, Perspektivlosigkeit und jugendliche Wut treffen auf ein Umfeld aus Malocherfamilien, Alkohol und Pattexschnüffeln. Hier wächst Mille auf – als Sohn einer Mutter, die aus der DDR geflüchtet ist, und eines Vaters, der aus Kalabrien kam und Unter Tage arbeitete. Es ist ein Umfeld, das wenig Raum für Träume lässt, und doch entdeckt Mille ausgerechnet dort die Musik, die sein Leben verändern wird. Nach einem Kiss-Konzert brennt sich die Energie des Heavy Metal in sein Herz – und bietet ihm nicht nur ein Ventil für all die unausgesprochene Wut, sondern auch eine Art Rettungsanker. Die ersten Akkorde auf seiner Gitarre fühlen sich an wie Superkräfte: plötzlich gibt es eine Sprache, in der er all das ausdrücken kann, was der graue Alltag nicht zulässt. Was diese Autobiografie so lebendig macht, ist die ungeschönte Ehrlichkeit, mit der Mille erzählt.

Er schreibt über Gewalt auf den Straßen und den Schmerz, zwischen zwei Kulturen aufzuwachsen. Aber auch über die aufregende Aufbruchsstimmung, die Anfang der Achtziger in den Jugendzentren und Proberäumen des Ruhrpotts brodelte. Kreator entstehen fast beiläufig, als Teil einer internationalen Underground-Bewegung, und wachsen zu einer Band heran, die Thrash Metal aus Deutschland in die Welt hinausträgt. Die Anekdoten – etwa wie seine Mutter den ersten Plattenvertrag unterschreibt – zeigen dabei eine ganz andere Seite des vermeintlich harten Musikers: eine warmherzige, bodenständige und zutiefst familiäre. „Your Heaven, My Hell“ ist mehr als nur eine Musikerbiografie. Es ist ein Stück Zeitgeschichte, das den Geist einer Ära einfängt, in der Subkulturen im Schatten des wirtschaftlichen Umbruchs zu einer kraftvollen Gegenbewegung wurden. Mille erzählt von politischer Klarheit, künstlerischer Unabhängigkeit und dem unbedingten Glauben an eine Vision – Eigenschaften, die nicht nur seine Karriere, sondern auch sein Leben geprägt haben. Campinos treffendes Vorwort über Milles kompromisslose Haltung gibt dem Ganzen einen würdigen Rahmen. Dieses Buch ist für Metal-Fans eine Pflichtlektüre, aber auch für alle, die verstehen wollen, wie aus einer rauen Kindheit und einem scheinbar chancenlosen Umfeld eine weltweite Erfolgsgeschichte werden kann. Es ist die Erzählung eines Jungen, der im Lärm des Heavy Metal nicht nur seine Stimme fand, sondern auch den Mut, sein eigenes Leben jenseits aller Konventionen zu formen.