// werktag vol. (1)74 – „how to do nothing with nobody all alone by yourself“

mit dem Werk „How To Do Nothing With Nobody All Alone By Yourself“ von Robert Paul Smith. // Robert Paul Smith hat mit How to Do Nothing with Nobody All Alone by Yourself ein bemerkenswertes Buch geschaffen – und das schon in den 1950er Jahren. Dass es heute, über ein halbes Jahrhundert später, endlich in […]

mit dem Werk „How To Do Nothing With Nobody All Alone By Yourself“ von Robert Paul Smith.

// Robert Paul Smith hat mit How to Do Nothing with Nobody All Alone by Yourself ein bemerkenswertes Buch geschaffen – und das schon in den 1950er Jahren. Dass es heute, über ein halbes Jahrhundert später, endlich in einer deutschen Übersetzung vorliegt, ist ein kleines Geschenk, vielleicht sogar ein leises Rettungsseil in einer Zeit, in der selbst die Erholung effizient, digital und getaktet sein soll. Dieses Buch ist das genaue Gegenteil davon: ein liebevoller, stiller, fast trotzig unzeitgemäßer Aufruf zur Selbstvergessenheit, zur Muße, zum kreativen Zeitvertrödeln – ganz ohne Technik, Gruppenaktivität oder pädagogischen Mehrwert. Schon der Titel ist eine kleine Rebellion: How to Do Nothing with Nobody All Alone by Yourself klingt wie ein Versprechen – und ist es auch. Smith richtet sich in seinem Ton direkt an Kinder (aber nicht nur), schreibt lakonisch, humorvoll, warm, nie belehrend. Er erzählt davon, wie man sich allein beschäftigen kann, ohne dass daraus gleich ein Projekt mit Ziel und Sinn wird.

Wie man aus einem Kastanienkern, einem Gummiband, einer alten Schachtel oder einem Strohhalm kleine Wunderwelten baut. Wie man Spiele erfindet, ohne dass sie Regeln haben müssen. Wie man sich vertieft, versinkt, verweilt – ganz ohne Anleitungsvideo, Lernzielkontrolle oder Gamification. Was dieses Buch so besonders macht, ist seine stille Entschlossenheit, der Welt zu zeigen, dass es genügt, sich selbst zu genügen. Smith vertraut darauf, dass ein Kind, ein Mensch, wenn man es in Ruhe lässt, auf kluge, verrückte, kreative Ideen kommt. Und diese Haltung steckt an. Beim Lesen fühlt man sich zurückversetzt in jene seltenen Nachmittage der eigenen Kindheit, in denen Zeit sich dehnte, niemand etwas von einem wollte, und ein schräg gewachsener Ast plötzlich zum Degen oder zur Marsantenne wurde. Die Illustrationen von Elinor Goulding Smith, seiner Frau, sind herrlich unperfekt, skizzenhaft und voller Witz. Sie begleiten den Text nicht als Deko, sondern als echte Erweiterung seiner Gedankenwelt – genau wie die behutsame Übersetzung von Stephan Kleiner, der Smiths Tonfall wunderbar ins Deutsche überträgt: ironisch, zärtlich, gelegentlich verschmitzt altklug, aber nie wirklich altmodisch. Das vielleicht Schönste an diesem Buch ist, dass es sich nicht anbiedert. Es will nichts „verbessern“, nicht erziehen, nicht „achtsam machen“ oder die digitale Welt verdammen. Es zeigt einfach eine andere Möglichkeit. Eine Möglichkeit, die so grundlegend menschlich ist, dass man sich fragt, wie man sie je vergessen konnte. Es richtet sich an Kinder, ja – aber eben auch an Erwachsene, die sich erinnern wollen, wie sich echte Langeweile anfühlt (die kreative, nicht die entnervte), wie es ist, allein zu sein, ohne sich einsam zu fühlen. Es ist ein Buch für Menschen, die mal wieder einen Nachmittag lang einfach verschwinden möchten – nicht aus der Welt, sondern in sich selbst. Ich habe beim Lesen gelächelt, geseufzt, an meine eigene Kindheit gedacht – und vor allem: Ich hatte danach Lust, irgendetwas völlig Sinnfreies zu tun. Einen Papierflieger zu falten, eine Murmelbahn zu bauen oder einfach auf dem Sofa zu liegen und an nichts zu denken. In einer Welt, in der Selbstoptimierung fast zur Pflicht geworden ist, ist dieses kleine Buch ein sanfter Akt der Befreiung. Kein Manifest, kein Ratgeber – sondern eine Einladung, wieder ein Mensch zu sein. Ganz allein. Nur für sich. Und das ist, wie Robert Paul Smith eindrücklich zeigt, vielleicht das Schönste überhaupt.