// spieltrieb vol. (3)21 – „immerland“

mit dem Werk „Immerland – Die Stadt der Ewigkeit“ von Flix. // Es gibt Bücher, die einen von der ersten Seite an in eine Welt ziehen, die gleichzeitig vertraut und völlig neu ist – Immerland von Flix gehört genau dazu. Man merkt sofort, dass hier jemand schreibt, der sein Leben lang Geschichten nicht nur erfunden, […]

mit dem Werk „Immerland – Die Stadt der Ewigkeit“ von Flix.

// Es gibt Bücher, die einen von der ersten Seite an in eine Welt ziehen, die gleichzeitig vertraut und völlig neu ist – Immerland von Flix gehört genau dazu. Man merkt sofort, dass hier jemand schreibt, der sein Leben lang Geschichten nicht nur erfunden, sondern auch gezeichnet, inszeniert, verdichtet hat. Flix, den die meisten als einen der bekanntesten deutschen Comiczeichner kennen, überträgt seine Bildsprache in Worte – und das funktioniert so spielerisch, dass man fast meint, beim Lesen Panels, Farben und Striche vor Augen zu haben. Die Geschichte beginnt mit Mika, 12 5/6 Jahre alt, mitten in jenen Sommerferien, die endlos und grau erscheinen, bis plötzlich etwas passiert, das alles verändert. Von da an überschlagen sich die Ereignisse: Mika rast mit dem Auto durch die Nacht, weil er unbedingt seine Oma retten muss. Er fährt mit einem Luftschiff in eine fremde Stadt, in der Wünsche plötzlich wie von Geisterhand in Erfüllung gehen. Er trifft Affen, die Dinge für ihn erledigen, auf die er keine Lust hat, und er wird Mitglied in einem geheimnisvollen Club der großen Geister. Es klingt wie ein verrückter Traum – und doch spürt man bald, dass hinter diesem Rausch aus Fantasie und Abenteuer ein tieferer Ernst liegt.

Was heißt es, erwachsen zu werden? Was heißt es, Verantwortung zu übernehmen, auch wenn man sich noch klein fühlt? Und wie hält man aus, dass Verlust und Abschied zum Leben gehören? Flix versteht es meisterhaft, diese Fragen einzubauen, ohne den Ton zu verlieren. Er bleibt witzig, verspielt, lakonisch – manchmal fast so, als erzähle jemand neben einem am Lagerfeuer die verrückteste Geschichte seines Lebens. Dass Flix ein begnadeter Comiczeichner ist, spürt man auf jeder Seite. Er hat nicht nur »Glückskind« für die F.A.Z. geschaffen, sondern auch als erster deutscher Künstler ein Abenteuer für die frankobelgische »Spirou«-Reihe gezeichnet. Seine Arbeiten wurden vielfach ausgezeichnet, in viele Sprachen übersetzt, und 2025 kuratierte er sogar eine große Uderzo-Ausstellung im Museum für Kommunikation Berlin. Dieses Wissen um die Tradition von Bildern, Geschichten und Figuren merkt man auch seinem Romandebüt an: Immerland ist so bildhaft, so voller Szenen, die man sich sofort als Zeichnung vorstellen kann, dass man vergisst, dass man gerade „nur“ liest. Und doch ist es mehr als ein Comic in Worten: Es ist ein Roman, der den Mut hat, sich mit der ganzen Wucht der Fantasie auf das größte aller Themen einzulassen – das Erwachsenwerden, das Verlieren und die Erkenntnis, dass Leben immer Abenteuer bleibt, egal wie sehr man es kontrollieren will. Für mich war Immerland ein Buch, das ich sowohl lachend als auch nachdenklich aus der Hand gelegt habe. Flix zeigt, dass er nicht nur zeichnen, sondern auch mit Sprache Welten erschaffen kann – und dass diese Welten uns manchmal näher sind, als wir denken.