// presswerke vol. (2)75 – „girl violence“

mit der neuen Vinyl-LP von King Princess. // Mit Girl Violence veröffentlicht King Princess ihr bislang kompromisslosestes und zugleich verletzlichstes Album – ein Werk, das klingt wie ein radikaler Neuanfang und eine intime Selbstbefragung zugleich. Schon das hochwertige Gatefold-Artwork und das klare Vinyl vermitteln, dass hier nichts dem Zufall überlassen ist: Ästhetik, Klang und Haltung […]

mit der neuen Vinyl-LP von King Princess.

// Mit Girl Violence veröffentlicht King Princess ihr bislang kompromisslosestes und zugleich verletzlichstes Album – ein Werk, das klingt wie ein radikaler Neuanfang und eine intime Selbstbefragung zugleich. Schon das hochwertige Gatefold-Artwork und das klare Vinyl vermitteln, dass hier nichts dem Zufall überlassen ist: Ästhetik, Klang und Haltung bilden eine Einheit. Es ist die Rückkehr einer Künstlerin, die ihre eigene Stimme neu definiert – lauter, ehrlicher, entschlossener als je zuvor. Entstanden ist das Album nach einer Zeit des Umbruchs. King Princess hat eine lange Beziehung beendet, sich von einem Major-Label getrennt und New York hinter sich gelassen – die Stadt, die sie berühmt machte, aber auch ausbrannte. All das steckt in diesen Songs: das Chaos der Trennung, die Ruhe danach, die schmerzhafte Klarheit eines Neuanfangs. Girl Violence ist kein Konzeptalbum, sondern ein emotionaler Faden, der durch innere Brüche führt. In kühnen Pop-Hymnen und stillen Momenten voller Selbstzweifel erforscht sie die vielschichtige Dynamik weiblicher und queerer Liebe, ohne Rücksicht auf Konventionen oder Erwartungen.

Musikalisch bewegt sich das Album zwischen modernem Pop, Indie und elektronischen Einflüssen. Es klingt rauer, ehrlicher, näher an der Bühne als an der Studioästhetik früherer Produktionen. King Princess verlässt den sicheren Raum der glatten Popproduktion und öffnet ihre Songs – für Stille, Brüche, Atmung. Die Arrangements wirken oft reduziert, doch gerade in dieser Klarheit liegt ihre Kraft. Ihre Stimme steht im Zentrum: mal zart, mal trotzig, manchmal fast brüchig, aber immer unverkennbar. Man spürt, dass sie hier nichts darstellt – sie ist einfach da, ungefiltert. Textlich geht es um Selbstermächtigung und Verletzlichkeit, um die feinen Übergänge zwischen Begehren und Angst, Freiheit und Verlust. In ihrer Offenheit erinnert das Album an Künstlerinnen wie Mitski oder Phoebe Bridgers, aber King Princess bleibt dabei ganz eigen – direkter, ungestümer, kompromissloser. Girl Violence klingt wie ein Manifest einer Generation, die gelernt hat, dass Verletzlichkeit eine Form von Stärke ist. Seit ihrem Durchbruch mit der queeren Hymne 1950 hat sich King Princess einen festen Platz im modernen Pop erarbeitet. Doch dieses dritte Album markiert einen Wendepunkt: Sie übernimmt die volle kreative Kontrolle und schreibt über sich selbst, ohne Rückhalt, ohne Kalkül. Das Ergebnis ist ein Werk, das ebenso mutig wie intim ist – eine Platte, die zwischen Katharsis und Selbstfindung schwingt. Die limitierte Vinylausgabe ist nicht nur ein Sammlerstück, sondern Ausdruck des künstlerischen Selbstverständnisses dieser Platte: transparent, verletzlich und dennoch wunderschön in ihrer Konsequenz. Girl Violence ist mehr als Musik – es ist eine Erzählung in Klangform, über das Erwachsenwerden, das Loslassen und die Rückkehr zu sich selbst. Ein Album, das bleibt, weil es nichts beschönigt.